Wien | Nach dem schrecklichen Amoklauf in Graz zieht die österreichische Bundesregierung nun drastische Konsequenzen. Im heutigen Ministerrat wurde ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, das weitreichende Änderungen im Waffengesetz, eine verstärkte Polizeipräsenz an Schulen und die umstrittene Messenger-Überwachung umfasst.
Kanzler Stocker: „Wir ziehen die richtigen Lehren“
„Wir haben heute drei ganz wesentliche Punkte im Ministerrat beschlossen“, erklärte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) zu Beginn der Pressekonferenz. Er verwies auf das traumatische Ereignis in Graz: „Wir haben vor einer Woche etwas erlebt, was wir bis dato zu diesem Tag für unmöglich gehalten haben. Wir haben versprochen, dass wir die richtigen Lehren aus dieser Tat ziehen.“
Neben den Verschärfungen beim Waffengesetz wurde auch ein Pensionspaket mit einer neuen Teilpension und Nachhaltigkeitsmechanismus sowie die Gefährderüberwachung verabschiedet, so der ÖVP-Chef.
Prävention im Fokus: Schulpsychologen & Beratungsgespräche
Ein besonderer Fokus liege auf der Prävention, betonte Kanzler Stocker. Die Anzahl der Schulpsychologen soll in den kommenden drei Jahren verdoppelt werden. Zudem sind verpflichtende Beratungsgespräche mit Eltern von Schülern geplant, die die Schule abbrechen oder von einer Suspendierung bedroht sind. Für die Opfer des Amoklaufs in Graz wird ein Entschädigungsfonds in Höhe von 20 Millionen Euro eingerichtet, um beispielsweise Begräbniskosten oder psychologische Betreuung zu finanzieren.
Die wichtigsten Punkte der Waffenrechtsverschärfung im Überblick:
- Erschwerter Zugang: Die Eignungsvoraussetzungen für den Waffenbesitz werden deutlich verschärft, bestimmte Personengruppen erhalten nur noch eingeschränkten Zugang.
- Höheres Alterslimit: Das Mindestalter für den Waffenerwerb wird, mit wenigen Ausnahmen, auf 25 Jahre angehoben.
- Längere „Abkühlphasen“: Die Wartezeit beim erstmaligen Erwerb einer Waffe wird auf vier Wochen verlängert.
- Bessere Behördenkoordination: Eine entscheidende Änderung betrifft den Datenschutz. Die Weitergabe von Daten zwischen Behörden wird verbessert. Der Grazer Amokläufer war bei der Stellung wegen psychischer Probleme durchgefallen, doch dem Heer war es aus Datenschutzgründen untersagt, diese Informationen weiterzugeben. Diese Lücke wird nun geschlossen.
- Einschränkungen bei Gefährdung: Bei individueller Gefährdungslage wird es künftig Waffenbesitzeinschränkungen geben.
Babler & Meinl-Reisinger: „Schulen müssen sichere Orte sein!“
„Wir können den Schmerz der Angehörigen nicht lindern, aber wir können und wir müssen Verantwortung übernehmen und das tun wir jetzt“, unterstrich Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ). Er hob die umfassende und grundlegende Verschärfung des Waffenrechts hervor.
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) betonte, dass Schule „immer ein sicherer Ort sein“ müsse. Sie kündigte an, dass neben den genannten Maßnahmen auch die „Polizeipräsenz an den Schulen erhöht und gestärkt“ werde.
Messenger-Überwachung kommt – Karner spricht von „Meilenstein“
Ein weiterer zentraler Beschluss ist die Einführung der Messenger-Überwachung. Ermittlern soll es dadurch künftig leichter möglich sein, private Handydaten ins Visier zu nehmen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bezeichnete dies im Vorfeld als „Meilenstein in der Terrorabwehr“.
Die Überwachung ist jedoch an strenge Voraussetzungen gebunden: Ein begründeter Verdacht auf die Planung eines Terroranschlags ist zwingend erforderlich, und die Anordnung muss durch einen Drei-Richter-Senat erfolgen.
Außenministerin Meinl-Reisinger zeigte sich erfreut über die gefundene Lösung: „Es war uns immer wichtig eine verfassungskonforme Lösung zu finden. Da gab es eine Vielzahl an Bedenken, die wir eingebracht haben.“ Sie betonte, dass der Rechtsschutz gestärkt und ein sehr enger Einsatz der Software garantiert werden könne, was ein wichtiger Schritt zur Gewährleistung der Sicherheit sei.
FPÖ-Kritik: Schnedlitz warnt vor „totaler digitaler Überwachung“
Schon vor dem Ministerrat hagelte es heftige Kritik an dem Vorhaben. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sah in der Messenger-Überwachung „nichts anderes als den Einstieg in die totale digitale Überwachung der Bevölkerung“. In einer Aussendung erinnerte er daran, dass „selbst Juristen, Menschenrechtsorganisationen, die Kirchen und IT-Experten die Pläne von ÖVP-Innenminister Karner scharf kritisiert hatten“.
Sicherheitsoffensive mit kontroversen Punkten
Die Bundesregierung reagiert mit einem umfassenden Sicherheitspaket auf den Amoklauf in Graz. Die Verschärfung des Waffengesetzes und die verstärkte Prävention an Schulen stoßen auf breite Zustimmung. Die Einführung der Messenger-Überwachung bleibt jedoch ein kontroverses Thema, das die Debatte um Sicherheit versus Freiheit in Österreich weiter befeuern wird.
Quelle „heute.at“
AustriaAktuell.at
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