Wien, Österreich – Die geplante Überwachung von Messengerdiensten hat eine weitere wichtige Hürde genommen. Der Innenausschuss des österreichischen Parlaments hat der Novelle des Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetzes (SNG) zugestimmt, wodurch Ermittler künftig Zugriff auf private Handydaten von potenziellen „Gefährdern“ erhalten könnten.

Die Regierung betont die Notwendigkeit dieser Maßnahme als „Ultima Ratio“ im Kampf gegen schwerwiegende verfassungsgefährdende Angriffe, während die Opposition von einem „unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff“ spricht.

Einigung im Innenausschuss: ÖVP, SPÖ, NEOS stimmen zu

Nach wochenlangen Debatten und einer Einigung innerhalb der Bundesregierung erfolgte am Mittwoch die Zustimmung im Innenausschuss. Die Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS sicherten die Mehrheit für die Novelle, die neben dem SNG auch weitere Gesetze betrifft. Ziel ist es, die Arbeit der Ermittler zu erleichtern und sie besser für die Abwehr von Gefahren auszustatten.

Regierung spricht von „Ultima-Ratio-Maßnahme“

Die Regierungskoalition unterstreicht, dass die Überwachung nicht willkürlich erfolgen soll. Sie werde ausschließlich zur Abwehr besonders schwerwiegender verfassungsgefährdender Angriffe eingesetzt und unterliege strengen rechtlichen und technischen Kontrollvorgaben. Ein mehrstufiges Rechtsschutzsystem ist vorgesehen, in dem das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und ein unabhängiger Rechtsschutzbeauftragter zentrale Prüf- und Genehmigungsaufgaben übernehmen sollen.

Staatssekretär Jörg Leichtfried vom Innenministerium erklärte, dass Kritikpunkte aus dem Begutachtungsverfahren in die Novelle eingearbeitet wurden. Dazu zählen ein strengerer Schutz von Berufsgeheimnissen, die Einschränkung der Verwertbarkeit von Zufallsfunden und eine Stärkung der Rechtsschutzbeauftragten.

Deckelung bei 30 Fällen pro Jahr

Um Missbrauch vorzubeugen, wurde eine Obergrenze festgelegt: Sollte die Chat-Überwachung in einem Jahr mehr als 30 Mal zur Anwendung kommen, ist ein Sonderbericht im zuständigen Untersuchungsausschuss erforderlich. Die Überwachung darf nur erfolgen, wenn sie zwingend notwendig und im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen ist. Die endgültige Beschlussfassung im Parlament wird für kommende Woche erwartet, das Inkrafttreten ist für den 1. Jänner 2026 vorgesehen.

Scharfe Kritik von FPÖ und Grünen

Die Oppositionsparteien FPÖ und Grüne äußerten im Ausschuss scharfe Kritik. Gernot Darmann, Sicherheitssprecher der FPÖ, bezeichnete die Messenger-Überwachung als „unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff“. Er argumentierte, dass der DSN (Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) nicht die Werkzeuge, sondern personelle und budgetäre Ressourcen fehlten. Darmann verwies darauf, dass bisherige Anschläge in Österreich auch durch eine Nachrichtenüberwachung nicht hätten verhindert werden können, und sprach von Behördenversagen bei den Anschlägen in Wien, Villach und dem Amoklauf in Graz. Innenminister Karner wies diese Deutung als „starkes Stück“ zurück.

Grünen-Abgeordneter Süleyman Zorba gratulierte der ÖVP sarkastisch dazu, ihre roten und pinken Koalitionspartner überzeugt zu haben, ihre Grundsätze „über Bord zu werfen“. Er erinnerte daran, dass SPÖ und NEOS jahrelang „gute Verbündete“ bei der Eindämmung von „Spionagesoftware“ gewesen seien und sich noch im Nationalratswahlkampf gegen eine Messenger-Überwachung ausgesprochen hätten. Zorba warnte vor Missbrauchsfällen, die es laut ihm in allen Ländern gegeben habe, in denen solche Maßnahmen eingesetzt wurden – teilweise sogar mit tödlichen Folgen für Journalist:innen.

Innerhalb der NEOS gab es zuletzt auch interne Skepsis, insbesondere von Verfassungssprecher Nikolaus Scherak und der Abgeordneten Stephanie Krisper.

Die bevorstehende Einführung der Chat-Überwachung markiert einen tiefgreifenden Schritt in der österreichischen Sicherheitspolitik. Während die Regierung die Notwendigkeit zur Abwehr schwerwiegender Gefahren betont und ein mehrstufiges Rechtsschutzsystem verspricht, bleiben die Bedenken der Opposition hinsichtlich eines möglichen Grundrechtseingriffs und potenziellen Missbrauchs bestehen. Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, wie sich diese neue gesetzliche Grundlage in der Praxis bewährt und welche Auswirkungen sie auf die digitale Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger haben wird.

Quelle „heute.at“

Austria Aktuell

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Von admin

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