Plötzlich schlägt China zu: Putins Ölwirtschaft steht nach Trumps Strafzöllen gegen Indien vor einer Herausforderung. China nutzt die Gelegenheit – und kauft Öl zum Spottpreis.
Der Schock war groß in der indischen Wirtschaft: Anfang August kündigte US-Präsident Donald Trump eine Verdopplung der Zölle auf das asiatische Land an – von 25 auf 50 Prozent. Der Grund: Indien bezieht Öl aus Russland. Trump sprach sogar davon, dass das Land die „Kriegsmaschine“ Putins unterstütze. In der Folge fuhr Indien seine Öleinfuhren aus Russland stark zurück.
Moskaus Schadensbegrenzung
Putins Regime versuchte schnell, den Schaden zu begrenzen. Die Rohölimporte würden bald wieder das alte Niveau erreichen, versicherte Roman Babuschkin, Geschäftsträger der russischen Botschaft in Neu-Delhi. Es gebe dafür einen „sehr, sehr speziellen Mechanismus“. Wie der aussieht, erklärte Babuschkin nicht.
China füllt die Lücke
Analysten haben nun allerdings auffällige Marktbewegungen festgestellt, die Aufschluss darüber geben könnten, wie es mit Putins Ölexporten weitergehen könnte. Denn Russland verzeichnet laut mehreren US-Medien nur einen Bruchteil der Verluste, die nach dem Wegfall der indischen Bestellungen eigentlich zu erwarten gewesen wären. Der neue Abnehmer: China. Die Ostasiaten nehmen auch unter normalen Umständen große Mengen russischen Öls ab. Peking ist zwar der größte Importeur russischen Öls weltweit, bezieht dieses aber meistens aus dem geografisch naheliegenden Osten Russlands.
Doch plötzlich importieren die Chinesen auch größere Mengen aus dem Westen Russlands – also von dort, wo normalerweise die Lieferungen nach Indien verladen werden. 75.000 Barrel der Sorte Urals werden von dort aktuell pro Tag nach China exportiert, vorher waren es 40.000. Indien bezieht zwar weiterhin 400.000 Barrel pro Tag aus dem russischen Westen – zuvor lag der Durchschnitt hier allerdings bei fast 1,2 Millionen Barrel täglich. Ein Barrel entspricht 159 Litern Rohöl.
Kein Freundschaftsdienst
Experten sehen in dem auffälligen Kaufverhalten allerdings keinen Freundschaftsdienst von Xi Jinping an Wladimir Putin, sondern pragmatische Kalkulation der Chinesen: Durch den Ausfall der Inder als Großkunden sehen sich die Urals-Verkäufer gezwungen, ihr Öl zu reduzierten Preisen anzubieten. Die Schlussfolgerung der Analysten: China sieht in der Not Indiens und Russlands die Gelegenheit, günstiges Rohöl abzugreifen.

Experten-Sicht
„Momentan ist das für die Chinesen eine sehr gute Gelegenheit“, erklärt Analyst Muyu Xu dem US-Sender CNN. „In den kommenden Wochen könnten noch mehr Raffinerien in China auf dieselbe Idee kommen und die niedrigen Preise ausnutzen.“ Dass der chinesische Opportunismus Putin langfristig helfen kann, glaubt Muyu Xu nicht: „Wenn Indien sich weiter zurückhalten muss, wird das ein echtes Problem für Russland. China kann diese Lücke nicht allein füllen.“
Anders als Indien blieb China von Trumps Strafzöllen für seinen Handel mit Putin bisher verschont. Dabei zeigen UN-Daten, dass Chinas Ölimporte Putins Kriegskasse sogar noch stärker auffüllen als die Importe Indiens: Im Jahr 2024 kaufte China russisches Öl für fast 63 Milliarden Dollar, Indien importierte Öl für 53 Milliarden Dollar.
Die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump gegen Indien haben eine Kettenreaktion ausgelöst, die Russlands Ölexporte unter Druck setzt. Während Indien seine Käufe stark reduziert, springt China als neuer, opportunistischer Großabnehmer ein. Peking nutzt die Notlage, um Öl zu Spottpreisen zu kaufen. Langfristig könnte dieser Deal jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein und das strukturelle Problem für Russland nicht lösen.
Quelle „t-online.de“
Wenn der Westen zuschaut, handelt der Osten.