Dramatische Lage: Fast jede zweite Gemeinde in Niederösterreich kämpft mit massiven Budgetproblemen. Rund 300 der 573 Kommunen stehen laut einem Bericht des „Kurier“ finanziell mit dem Rücken zur Wand und unterliegen der Finanzaufsicht des Landes NÖ. Sie müssen ihre Haushalte dringend sanieren.
Der Sanierungszwang
Von der Misere sind rund 300 Gemeinden betroffen, die als sogenannte Konsolidierungs- oder Abgangsgemeinden eingestuft sind. Damit stehen sie unter strenger Aufsicht und müssen Sparpläne mit dem Land Niederösterreich abstimmen. Die Landeshauptstadt St. Pölten zählt zu den rund 200 Konsolidierungsgemeinden.
Noch drastischer ist die Situation bei 26 Gemeinden, die bereits zu Sanierungsgemeinden erklärt wurden und unter die vollständige Kuratel des Landes gestellt sind.
Wr. Neustadts „schwarze Null“ und der Kanzler-Bonus
Vor diesem Hintergrund präsentiert sich die ÖVP-geführte Stadtregierung in Wiener Neustadt mit einer „schwarzen Null“ – zumindest sollen keine neuen Schulden gemacht werden. Bürgermeister Klaus Schneeberger und Finanzstadtrat Philipp Gruber (beide ÖVP) legten am Montag die mittelfristige Finanzplanung bis 2030 vor.
Sie betonten, dass die solide Finanzlage auch dem heutigen Bundeskanzler Christian Stocker zu verdanken sei, der seit 2015 für das Budget der Stadt verantwortlich war. „Der Kanzler hat gesunde Stadtfinanzen hinterlassen“, so ihr gemeinsamer Tenor. Demnach sei der Schuldenstand in den letzten zehn Jahren von 187 Millionen auf 100 Millionen Euro gesunken.
Der Kniff mit den Darlehen
Ganz ohne Kunstgriffe konnte die positive Budget-Rechnung in Wiener Neustadt jedoch nicht präsentiert werden. Der Überschuss für 2025 wurde laut „Kurier“ nur möglich, weil Darlehen für Projekte erst 2026 aufgenommen werden. Ohne diesen Effekt hätte sich ein Minus von rund sechs Millionen Euro ergeben. Das Defizit in NÖ insgesamt ist für 2025 auf 630 Millionen Euro gestiegen.
„Größtes kommunales Sanierungsprojekt“ und „Tafelsilber“
Bürgermeister Schneeberger spricht dennoch großspurig vom „größten kommunalen Sanierungsprojekt der Zweiten Republik“. Quer über alle Bereiche des Magistrats seien 20 Prozent eingespart worden, unter anderem 4,75 Millionen Euro beim Personal durch geringere Gehaltsanpassungen und strengere Richtlinien bei Nachbesetzungen.
Ein weiterer drastischer Schritt: Wiener Neustadt beschloss den Verkauf der rund 1.600 Gemeindewohnungen. Die Stadt rechnet ab 2027 mit zusätzlichen jährlichen Einsparungen in der Höhe von 2,5 Millionen Euro. Für die aktuelle Finanzierungsrechnung ergab der Verkauf ein Plus von rund 876.000 Euro. Geplante Investitionen bis 2030 belaufen sich auf 70 Millionen Euro, unter anderem für die Rathaus-Sanierung (18 Mio.) und den Ausbau von Schulen/Kindergärten (28,5 Mio.).
Kritik und ländliche Ratlosigkeit
Der SPÖ-Vizebürgermeister Rainer Spenger unterstützt den Sparkurs grundsätzlich, mahnt aber: „Ohne Unterstützung von Bund und Land wird es keine Kommune schaffen, über die Runden zu kommen.“ Auch die Grünen in Wiener Neustadt kündigten eine genaue Budgetprüfung an. Klubsprecher Michael Diller-Hnelozub kritisiert: „Eine Katastrophe ist und bleibt der Verkauf der Gemeindewohnungen.“
Der positive Trend bei der Kommunalsteuer in Wiener Neustadt (+18 Prozent durch Betriebsansiedlungen, so Finanzstadtrat Gruber) ist für kleine ländliche Kommunen schwerer zu erreichen – dort herrscht vielerorts Ratlosigkeit.
Der Wohnungs-Verkauf als letzter Ausweg
Auch andere Kommunen greifen zum Verkauf ihres „Tafelsilbers“:
- Ybbs an der Donau plant, die existierenden 99 Gemeindewohnungen zu veräußern. Stadträtin Irene Kerschbaumer (ÖVP) sieht zwar ein „sehr bemühtes“ Paket, findet die Lage aber „immer noch katastrophal“. In Ybbs wird in sämtlichen Bereichen gespart, sogar die Ybbser Verkehrsbetriebe müssen schließen (die NÖVOG übernimmt ab 1. Jänner).
- Die Stadt Horn im Waldviertel muss ebenfalls Immobilien veräußern: Die Horner Kommunalgesellschaft m.b.H. (HKG) verkauft die Gemeindewohnhäuser in der Raabser Straße 59 und 61 mit insgesamt 42 Wohneinheiten, da die notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht aus eigener Kraft zu bewältigen sind.
Die finanzielle Schieflage in Niederösterreich ist dramatisch: Hunderte Gemeinden stehen unter Sanierungszwang. Während größere Städte wie Wiener Neustadt mit harten Sparmaßnahmen und dem Verkauf von Gemeindewohnungen versuchen, eine „schwarze Null“ zu erreichen – teils durch kritische Bilanzierungstricks – spitzt sich die Lage in kleineren Kommunen zu. Ohne massive Unterstützung von Land und Bund scheint ein nachhaltiger Ausweg für viele NÖ-Gemeinden kaum möglich.
Quelle „heute.at“
Niederösterreichs Gemeinden in Not: Die Schuldenfalle schnappt zu!
