Jede dritte Frau in Österreich erlebt im Laufe ihres Lebens Gewalt – eine schockierende Realität, die die Bundesregierung nun mit einem Nationalen Aktionsplan (NAP) gegen Gewalt an Frauen 2025-2029 bekämpfen will. Am Mittwoch präsentierten ÖVP, SPÖ und NEOS ein ressortübergreifendes Maßnahmenpaket, das Prävention, Schutz und konsequente Täterverfolgung vereint.
Jüngster Fall in Wien: Ehrenmord-Verdacht erschüttert
Die Notwendigkeit des verschärften Vorgehens wurde erst am Montag in Wien-Donaustadt auf brutale Weise vor Augen geführt. Ein 50-jähriger Afghane soll dort auf seine eigene 15-jährige Tochter eingeprügelt und mit einem Messer auf sie eingestochen haben. Der Fall deutet auf einen misslungenen Ehrenmord hin und reiht sich in die alarmierende Zunahme von Gewaltdelikten ein, die auf ehrkulturellen Hintergrund zurückzuführen sind.
Alarmierende Zunahme: Gewalt durch fremde Täter
Die Kriminalstatistik zeigt eine besorgniserregende Entwicklung: Die Gewalt durch fremde Täter nimmt drastisch zu. Überdurchschnittlich viele junge Männer mit Flucht- und Migrationshintergrund sind in diesem Kontext auffällig. Fast die Hälfte der wegen Vergewaltigung verurteilten Täter sind Ausländer. Gleichzeitig sind ehrkulturelle Gewaltdelikte in den letzten Jahren massiv gestiegen.
Familienministerin Claudia Plakolm (ÖVP) betonte: „Wir sehen, dass ehrkulturelle Gewaltdelikte zunehmen… Mit dem Nationalen Aktionsplan… zeigen wir klar, dass Unterdrückung im Namen vermeintlicher ‚Ehre‘ in Österreich keinen Platz hat.“
Der NAP: Sieben Säulen für ein gewaltfreies Österreich
Der Nationale Aktionsplan ist ein verbindlicher Rahmen zur Verhinderung von Gewalt, zum besseren Schutz Betroffener und zur konsequenten Verantwortung der Täter. Er basiert auf folgenden Zielen:
- Sicherheit in allen Lebensbereichen
- Selbstbestimmung und wirtschaftliche Unabhängigkeit
- Unterstützung durch niederschwellige Angebote
- Prävention durch Schließen von Lücken im Gewaltschutznetz
- Gerechtigkeit durch klare Konsequenzen für Täter
- Teilhabe an allen Bereichen des Lebens ohne Angst vor Gewalt
- Zukunft in einer Gesellschaft, die Gleichberechtigung lebt
Fokus auf moderne und digitale Gewaltformen
Ein zentraler Pfeiler des NAP ist der „intersektionale Ansatz“. In acht Handlungsfeldern (von Bildung bis Arbeitswelt) werden Frauen berücksichtigt, die durch Mehrfachverletzlichkeit betroffen sind, etwa aufgrund von Behinderungen, Alter oder Migrationsbiografie.
Besonderes Augenmerk gilt modernen Gewaltformen, die erstmals systematisch adressiert werden:
- Digitale Gewalt: Schulungen, rechtliche Konsequenzen für Deepfakes, Prüfung der Strafbarkeit von (Cyber-)Stalking.
- Öffentlicher Raum: Strengere Betretungsverbote, Evaluierung und Verschärfung des Sexualstrafrechts (bis Q2 2026), Verbot sexuell motivierter Bildaufnahmen ohne Einverständnis und die Einführung von Schutzzonen.
Konkrete Maßnahmen in der Umsetzung
Der NAP sieht umfassende Verbesserungen in zahlreichen Bereichen vor:
- Frauen mit Migrationsbiografie: Entwicklung eines Schutzbriefs gegen FGM/C (weibliche Genitalverstümmelung/Beschneidung), nationale Integrationsförderung.
- Kinder & Jugendliche: Verankerung von Gewaltschutz und Gleichstellung in den Lehrplänen, flächendeckende Sexualpädagogik, digitaler Kinderschutz auf Schultablets (2026).
- Gesundheitsbereich: Einheitliche Verletzungsdokumentation (Med-Pol) und ein Tool zur Gefährdungseinschätzung.
- Männerarbeit: Stärkung gendersensibler Buben- und Männerarbeit, verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für Risikofälle, Pilotprojekte zur gewaltpräventiven Counter-Speech im digitalen Raum.
- Wirtschaftliche Unabhängigkeit: Unterstützung bei der Suche nach leistbarem Wohnraum für gewaltbetroffene Frauen.
Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) betonte die Langfristigkeit: „Der Nationale Aktionsplan ist kein einmaliges Projekt, sondern der Beginn eines langfristigen Prozesses – ein feministischer, gemeinschaftlicher Schulterschluss für ein Österreich ohne Gewalt gegen Frauen.“
Der Nationale Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen 2025-2029 markiert einen umfassenden und dringend notwendigen Schritt der Bundesregierung, um dem alarmierenden Anstieg geschlechtsspezifischer und ehrkultureller Gewalt entgegenzuwirken. Durch die Kombination aus strengeren rechtlichen Maßnahmen, Fokus auf Prävention ab dem Kindesalter und der Berücksichtigung moderner Gewaltformen wie Deepfakes soll ein Österreich ohne Gewalt für alle Frauen geschaffen werden.
Quelle „heute.at“
Für ein sicheres Morgen, gemeinsam gegen Gewalt.