Brüssel/Wien. Ein Paukenschlag im europäischen Naturschutz: Das EU-Parlament hat entschieden, den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ abzusenken. Eine Entscheidung, die in Österreich und bei Naturschutzorganisationen für heftige Kritik sorgt, während sie von anderer Seite begrüßt wird.
„Gefährliches Signal“: Tierschutz Austria alarmiert
Tierschutz Austria zeigt sich entsetzt über den im Schnellverfahren gefassten Beschluss. „Diese Entscheidung sendet ein gefährliches Signal und ignoriert sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse als auch geltendes EU-Recht mit Nachdruck“, heißt es in einer ersten Stellungnahme. Besonders für Österreich, wo die Wolfspopulation noch lange keinen „günstigen Erhaltungszustand“ erreicht habe, stelle die Herabstufung eine „ernsthafte Bedrohung“ dar. Die Hoffnung ruht nun auf dem Europäischen Rat, der im Juni die Möglichkeit hat, diesen „Fehler“ zu korrigieren.
Schilling warnt vor „Büchse der Pandora“
Die junge Europa-Abgeordnete Lena Schilling (Die Grünen) kämpft vehement gegen die Aufweichung des Wolfsschutzes. „Heute ist es der Wolf – morgen der Otter, übermorgen der Luchs“, warnt Schilling eindringlich. „Mit diesen Entscheidungen im Eilverfahren öffnen wir eine Büchse der Pandora. Diese Herabstufung ist ein Frontalangriff auf 30 Jahre europäischen Schutz von Tier und Pflanzen.“ Sie kritisiert zudem die „Schauergeschichten“, mit denen die Debatte in Brüssel untermauert worden sei, und betont, dass eine faktenbasierte Politik anders aussehen müsse. „Es widerspricht jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, den Schutzstatus des Wolfs ohne stichhaltige Beweise herabzusetzen.“
Bevölkerung mehrheitlich für strengen Schutz
Brisant ist auch der Hinweis auf die öffentliche Meinung. Laut einer Umfrage der EU-Kommission von Ende 2023 befürworten 75 Prozent der Bevölkerung einen strengen Schutz des Wolfes. Auch der „Wolfreport“ von Tierschutz Austria habe ergeben, dass drei von vier Österreichern diese Ansicht teilen. „Der Wolf wurde vom EU-Parlament geopfert – obwohl die Bevölkerung das mehrheitlich nicht will“, kritisiert Michaela Lehner, Leiterin der Stabstelle Recht von Tierschutz Austria.
WWF sieht „gefährlichen Präzedenzfall“
Auch der WWF Österreich schlägt Alarm. Die Abschwächung des Schutzstatus sei ein „völlig falscher Weg“ und ein „gefährlicher Präzedenzfall“, der zu einer „Aushöhlung des Naturschutzes in der EU“ führen könnte. WWF-Experte Christian Pichler warnt vor „dramatischen Folgen für gefährdete Arten“.
FPÖ begrüßt „realistischen Zugang“
Ganz anders sieht die Situation der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider. Er begrüßt die Herabstufung des Schutzstatus als „längst überfällig“. Der „realistische Zugang“ der FPÖ zu diesem Thema werde zu einem „besseren Zusammenleben von Wildtieren, Nutztieren und Menschen“ beitragen, so Haider.
Ein tiefer Riss in der Naturschutzpolitik
Die Entscheidung des EU-Parlaments zur Herabstufung des Wolfsschutzes offenbart einen tiefen Riss in der europäischen Naturschutzpolitik. Während Tierschutzorganisationen und Umweltverbände vor den negativen Folgen für den Artenschutz warnen und die wissenschaftliche Grundlage der Entscheidung infrage stellen, sehen andere darin einen notwendigen Schritt hin zu einem pragmatischeren Umgang mit der wachsenden Wolfspopulation. Die Debatte ist emotional aufgeladen und die endgültige Entscheidung des Europäischen Rates im Juni wird mit Spannung erwartet. Sie wird maßgeblich darüber entscheiden, welche Zukunft der Wolf in Europa haben wird.
Quelle „heute.at“