Aktuelle Zahlen der Agenda Austria über Teilzeitarbeit lösen einen erbitterten Streit aus. Wirtschaftsbund und Industriellenvereinigung sehen eine Gefahr für das Sozialsystem, während die Gewerkschaft die Debatte als unfair und frauenfeindlich kritisiert.
Ein Weckruf für alle
Laut einer neuen Berechnung der Agenda Austria kostet freiwillige Teilzeitarbeit den Staat jährlich Milliarden. Das sorgt für Unruhe in der Wirtschaft. Der Wirtschaftsbund spricht von einem „Milliardengrab“. Generalsekretär und ÖVP-Wirtschaftssprecher Kurt Egger sieht in den Zahlen einen „Weckruf für alle“. Er kritisiert, dass Österreich bei der Teilzeitarbeit europaweit Spitzenreiter sei. „Der Trend zur Lifestyle-Teilzeit gefährdet Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und die eigene Altersvorsorge“, so Egger.
Anreize für Mehrarbeit
Um dem entgegenzuwirken, fordert Egger Anreize für Mehrarbeit und eine bessere Kinderbetreuung. Das Ziel sei, das volle Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen, besonders bei Frauen. Auch die Industriellenvereinigung (IV) stimmt in die Kritik ein. Generalsekretär Christoph Neumayer spricht von einem „strukturellen Problem“, da sich Vollzeitarbeit finanziell oft kaum lohne. Er fordert den Abbau von „negativen Leistungsanreizen“ im Steuer- und Sozialsystem. Wenn immer mehr Menschen Teilzeit arbeiten, aber Leistungen wie Vollzeitkräfte in Anspruch nehmen, sei das auf Dauer nicht tragbar, so Neumayer.
Teilzeit meist nicht aus „Lifestyle-Gründen“
Die Gewerkschaft reagiert postwendend auf die Vorwürfe. GPA-Vorsitzende Barbara Teiber kritisiert die Berechnung der Agenda Austria scharf. Sie warnt davor, Teilzeitkräfte pauschal als Problem darzustellen. „Wer Teilzeit arbeitet, tut das meist nicht aus ‚Lifestyle-Gründen'“, betont Teiber. Ihrer Meinung nach sind es oft strukturelle Gründe wie fehlende Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder gesundheitliche Probleme, die eine Vollzeitanstellung unmöglich machen.
Ungleichheit wird verschärft
Teiber unterstreicht, dass vor allem Frauen, die vier von fünf Teilzeitkräften ausmachen, betroffen sind. Eine pauschale Belastung dieser Gruppe würde die Ungleichheit weiter verstärken und den Gender Pay Gap erhöhen. „Wer Teilzeitkräfte pauschal zu höheren Beiträgen verpflichten will, belastet in Wahrheit gezielt Frauen und verschärft damit die bestehende Ungleichheit“, so Teiber.
Die Debatte um Teilzeit spitzt sich zu. Während Wirtschaftsvertreter Milliardenverluste beklagen und Anreize für Vollzeitarbeit fordern, sieht die Gewerkschaft eine ungerechte und einseitige Darstellung, die vor allem Frauen benachteiligt. Die Diskussion zeigt die tiefen Gräben zwischen den Sozialpartnern bei der Frage nach der Zukunft der Arbeitszeit in Österreich.
Quelle „heute.at“
Österreich im Arbeitszeit-Clinch: Wer hat recht?