Wien | Aktuelle bildungspolitische Vorhaben sorgten im heutigen Bildungsausschuss für intensive Debatten. Unter der Leitung von Bundesminister Christoph Wiederkehr (NEOS) wurden weitreichende Reformen von der Deutschförderung bis zur Zentralmatura diskutiert.
Besonderes Augenmerk lag auf der Neugestaltung der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung, zu der der Vorsitzende des Qualitätssicherungsrates (QSR), Universitätsprofessor Andreas Schnider, als Auskunftsperson geladen war.
Deutschförderung: Der Schlüssel zum Bildungserfolg
Bildungsminister Wiederkehr betonte die Notwendigkeit, die Deutschförderung weiterzuentwickeln und die Debatte zu „entideologisieren“. Trotz einer „Trendwende“ bei den außerordentlichen Schülern sei die Intensivierung der Anstrengungen unerlässlich, da die deutsche Sprache der „Schlüssel für den Bildungserfolg“ sei.
- Neue Struktur: Geplant sind Änderungen zur Stärkung der Schulautonomie. Durch standortangepasste Konzepte erwarte sich der Minister bessere Ergebnisse.
- Personalressourcen: Ein „dynamischer Rahmen“ von 1.300 Planstellen ist vorgesehen, wovon etwa 500 Förderkräfte der Stadt Wien zugewiesen wurden.
- Kritik und Lob: Nico Marchetti (ÖVP) erkundigte sich nach den Plänen, während Sigrid Maurer (Grüne) die Reform lobte, jedoch die Umsetzung der Personalstellen (bisher nur 285 von 750 zusätzlichen Planstellen geschaffen) monierte.
Pflicht-Sommerschulen und Matura-Nachschärfung
Die Sommerschulen wurden von Wiederkehr als „Erfolgsprojekt“ bezeichnet.
- Verpflichtung: Im nächsten Jahr wird der Besuch für alle Kinder verpflichtend, die nicht ausreichend Deutschkenntnisse besitzen. Petra Tanzler (SPÖ) hatte die Sommerschulen thematisiert.
- Zentralmatura: Bei der mündlichen Matura soll künftig neben der Jahresnote eine Mindestleistung erbracht werden müssen.
Soziales und Sicherheit an Schulen
Der Ausbau psychosozialer Angebote und Sicherheitsfragen standen ebenfalls im Fokus.
- Psychologie und Sozialarbeit: Die Stellen für Schulpsychologie werden verdoppelt, zusätzlich gibt es 65 Planstellen für Schulsozialarbeit.
- Mobbing: Ab nächstem Jahr können Schulen über das neue Programm „Starke Schule, starke Gesellschaft“ externe Expertise bei Mobbing-Problemen hinzuziehen. Eine strengere Vorgehensweise, insbesondere präventive Maßnahmen, forderte Katayun Pracher-Hilander (FPÖ).
- Kopftuchverbot und Strafen: Das von den Regierungsfraktionen geplante Kopftuchverbot soll für Mädchen unter 14 Jahren gelten, da Jugendliche ab 14 Jahren religionsmündig sind. Ricarda Berger (FPÖ) kritisierte die Ausnahme der Lehrpersonen und forderte strengere Strafen – bis hin zum Streichen von Sozialleistungen – für unkooperative Eltern. Minister Wiederkehr hält jedoch Verwaltungsstrafen für „Schulschwänzen“ für den besseren Weg.
Neue Lehrerbildung: Harmonisierung und KI-Fokus
Die im Jahr 2024 beschlossene Neugestaltung der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung nahm breiten Raum ein.
- Bericht des QSR: Der Bericht von Prof. Andreas Schnider wurde zur Kenntnis genommen, aber auf Antrag von NEOS-Abgeordneter Martina von Künsberg Sarre nicht enderledigt, um im Plenum erneut behandelt zu werden.
- Harmonisierung: Wiederkehr betonte die Harmonisierung von Dauer und Struktur der Lehramtsstudien (z.B. Primarstufe dreijähriges Bachelor- und zweijähriges Masterstudium ab 2025/26). Die Einführung von Intensivpraxiswochen für die Primarstufe und das erstmals erarbeitete Berufsbild für Lehrerinnen und Lehrer sollen den Praxisbezug stärken.
- Curricula-Entwicklung: Prof. Schnider hob die qualitative Weiterentwicklung der Curricula hervor, insbesondere in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Digitalität, Diversität und Inklusion.
- Sonderpädagogik: Agnes Totter (ÖVP) forderte eine „vollwertige Inklusionspädagogikausbildung“. Wiederkehr plant Qualifikationsangebote und kann sich vorstellen, Sonderschulstandorte künftig als inklusive Einrichtungen zu führen. Hermann Brückl (FPÖ) verwies auf den Elternwunsch nach Sonderschulen.
Weitere Initiativen
Minister Wiederkehr informierte über das Projekt „Freiraum Schule“ zur Bürokratieentlastung, welches bereits über 19.000 Personen beteiligte, und über eine Antisemitismusstrategie mit Handreichungen für Schulen. Für die Elementarpädagogik sind 28 Mio. € für eine neue Ausbildungsoffensive zur Bekämpfung des Personalmangels (Thema von Silvia Kumpan-Takacs (SPÖ)) reserviert, inklusive Forcierung des Quereinstiegs.
Der Bildungsausschuss unter Minister Wiederkehr markiert eine intensive Phase der Schulreform. Die verstärkte Deutschförderung, die verpflichtende Sommerschule für Sprachdefizite und die Nachschärfungen bei der Zentralmatura sind zentrale Maßnahmen für mehr Chancengerechtigkeit. Die grundlegende Neugestaltung der Lehrerausbildung mit Fokus auf Praxis, Digitalisierung und Inklusion soll die Qualität langfristig sichern. Trotz des Konsenses in vielen Punkten bleibt die Opposition in Fragen des Personalbedarfs (Grüne), des Kopftuchverbots und der Strafen für Eltern (FPÖ) kritisch.
Quelle „Parlamentsdirektion“
Bildung schafft Zukunft – Österreichs Schulen auf Reformkurs.
