Einblick hinter die Kulissen der Bundesbank – Ex-Vorstand Johannes Beermann über Sicherheit, Lagerung und die psychologische Kraft des Edelmetalls.
Deutschlands Goldreserven – ein Thema, das immer wieder für Gesprächsstoff sorgt. Ein großer Teil nationalen Goldschatzes lagert weit entfernt von heimischem Boden, in den Hochsicherheitstresoren von New York und London. Doch warum dieser Weg? Und wie sicher ist unser Gold dort wirklich? Johannes Beermann, ehemaliges Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, gibt exklusive Einblicke und erklärt die Hintergründe.
Das Goldlager: Vom Keller bis zur Decke gestapelt
Für viele ist die Vorstellung von Goldlagern geheimnisvoll. Herr Beermann, der die deutschen Goldreserven persönlich inspiziert hat, beschreibt die Szenerie anschaulich: Während in Frankfurt die Barren in großen, sicheren Gelassen auf dem Bundesbank-Gelände in Kisten lagern – Details bleiben aus Sicherheitsgründen geheim –, bietet New York ein besonderes Schauspiel. Dort, im Keller der Federal Reserve, haben sogar Touristen nach Voranmeldung die Möglichkeit, einen Blick in die berühmten Goldtresore zu werfen, wenn auch nicht direkt in die Lagerbereiche. Die Bundesbank genießt dabei ein Privileg: Sie verfügt über eigene Räume für ihr Gold, wo die Barren „quasi vom Boden bis zur Decke gestapelt“ sind.
Supermarkt-Inventur für Deutschlands Goldschatz
Insgesamt 267.682 Goldbarren gehören der Bundesbank. Davon befinden sich 136.637 in Frankfurt, 96.613 in New York und 32.432 bei der Bank of England in London. Die Überprüfung dieser immensen Mengen gleicht laut Beermann tatsächlich einer Inventur im Supermarkt. Jeder Barren ist einzeln erfasst, gescannt und mit einer eindeutigen Nummer versehen, um den genauen Lagerort jederzeit feststellen zu können. Regelmäßige Gesamtaufnahmen und die jährliche Prüfung durch Wirtschaftsprüfer, die auch vor Ort in New York die Bestände abgleichen, gewährleisten höchste Transparenz und Sicherheit. Die Liste der Goldbarren wird sogar jährlich auf der Homepage der Bundesbank veröffentlicht.
Diebstahl – ein Ding der Unmöglichkeit?
Die Frage nach der Sicherheit ist essenziell. Kann durch Täuschung oder Betrug Gold abhandenkommen? Johannes Beermann hält dies für ausgeschlossen: „Ich halte das für unmöglich, mir fehlt die Fantasie, wie das jemand machen könnte.“ Jeder Barren wiegt über zwölf Kilo, und die Sicherheitsvorkehrungen sind extrem hoch. Es ist dem Ex-Banker nicht bekannt, dass jemals etwas aus den Tresoren der Fed gestohlen wurde.
Politische Einflüsse und die Unabhängigkeit der Fed
Die Debatte um die Unabhängigkeit der Federal Reserve, beispielsweise unter einer Präsidentschaft wie der von Donald Trump, wirft die Frage nach der Verlässlichkeit der Goldlagerung auf. Beermann betont, dass die Lagerung von Gold immer mit Ängsten verbunden ist – historisch bedingt durch Bedrohungen wie im Kalten Krieg. Doch die langjährige Geschichte der Lagerung von Gold vieler Zentralbanken in New York zeige: „In dieser langen Zeit ist da noch nie etwas passiert. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass das auch in Zukunft so bleiben wird.“
Handelsplätze für Währungsinterventionen
Der Hauptgrund für die Lagerung im Ausland ist jedoch nicht primär die Sicherheit. Gold ist ein Teil der Währungsreserven. Sollte der Euro stark an Wert verlieren, könnte die Bundesbank mit ihrem Gold intervenieren, sprich, es verkaufen. Dies kann nur an internationalen Handelsplätzen geschehen, an denen Gold aktiv gehandelt wird und andere Zentralbanken vertreten sind – und das sind allen voran New York und London. Frankfurt, obwohl Heimathafen eines Großteils des Goldes, ist kein solcher Handelsplatz. Für eine schnelle und effektive Intervention ist die physische Präsenz des Goldes an diesen Schlüsselmärkten unerlässlich.
Gold als psychologischer Anker
Auch wenn die Bundesbank seit der Euroeinführung nicht direkt mit ihren Goldreserven am Devisenmarkt interveniert hat, erfüllt das Gold eine wichtige Funktion: Es ist ein Vertrauensanker. Mit über 3.300 Tonnen Gold besitzt die Bundesbank die zweitgrößten Goldreserven der Welt. Diese Menge, auch wenn sie im Verhältnis zur Gesamtbilanz der Bundesbank nur etwa zehn Prozent ausmacht (270 Milliarden Euro von 2,4 Billionen Euro im letzten Jahr), spielt eine entscheidende psychologische Rolle. „Da steckt eben ein bisschen was dahinter“, so Beermann, und das stärke das Vertrauen der Menschen in die Währung.
Digitales Gold: Ein Trugschluss?
Die steigende Beliebtheit von Kryptowährungen wie Bitcoin führt zu Diskussionen, ob „digitales Gold“ das physische Edelmetall ablösen könnte. Johannes Beermann ist hier klar in seiner Position: „Digitales Gold gibt es nicht, denn Gold ist einmalig.“ Er betont die einzigartige haptische Stellung des Goldes, das seit Jahrtausenden weltweit als wertvoll anerkannt wird. Diese besondere Eigenschaft sei nicht in die digitale Welt übertragbar.
Deutschlands Goldreserven in New York und London sind keine Willkür, sondern eine strategische Notwendigkeit. Sie dienen nicht nur der Diversifizierung und Sicherheit, sondern vor allem der Funktionsfähigkeit als Währungsreserve und als unverzichtbarer Vertrauensanker in Zeiten globaler Unsicherheiten.
Quelle „capital.de“
„Gold: Mehr als nur ein Edelmetall – ein Stück Vertrauen und Stabilität.