Wien, 29. Mai 2025 – Österreichs Regierung spricht von „harten Jahren“ und einem straffen Sparkurs, um die Staatskasse zu sanieren. Doch was Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) als drastische Einsparungen verkauft, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen oft als cleverer „Zahlentrick“. Jan Kluge, der scharfsinnige Ökonom des ThinkTanks Agenda Austria, deckt im Gespräch mit „Heute“ die dubiosen Methoden hinter dem Doppelbudget 2025/26 auf. Ist das wirklich Sparen, oder nur eine optische Täuschung?
Milliarden-Paket unter der Lupe: Sparen oder Schönfärben?
Finanzminister Marterbauer präsentierte am 13. Mai im Parlament ein ehrgeiziges Sparpaket: 6,4 Milliarden Euro heuer, 8,7 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Zwei Drittel davon sollen ausgabenseitig, ein Drittel einnahmenseitig gestemmt werden. Auch die öffentliche Verwaltung müsse ihren Beitrag leisten – 1,1 Milliarden Euro heuer, 1,3 Milliarden Euro 2026. Doch Kluge warnt: Die Realität sieht anders aus.
„Taschenspieler-Tricks“: Wenn Einsparungen zu Einnahmen werden
Was auf den ersten Blick wie ein rigoroser Sparkurs der Ministerien aussieht, ist laut Kluge oft eine geschickte Umschreibung. „Es hört sich ja gut an, wenn der Staat sagt, wir sparen auch bei uns selbst“, so der Agenda-Austria-Experte. Doch die Wahrheit sei: Fast jedes Ressort generiere seine „Konsolidierungsbeiträge“ über Mehreinnahmen. Ein Paradebeispiel ist das Justizministerium, das seine geforderten Beiträge durch höhere Gerichtsgebühren aufstockt. „Das sind zusätzliche Einnahmen, keine Einsparungen“, betont Kluge. Ein klassischer Taschenspielertrick, der das Budget auf dem Papier besser aussehen lässt, aber keine wirkliche Entlastung bedeutet.
Der Förder-Schmäh: Wo Sparen nur eine Illusion ist
Die Regierung brüstet sich damit, radikal bei Förderungen zu kürzen. Doch Kluge enthüllt eine weitere Taktik: „Es wird auch als Einsparung verkauft, wenn Förderbudgets, die zuvor nicht voll ausgeschöpft wurden, nun reduziert werden.“ Betroffen seien etwa die Breitbandförderung und die Investitionsprämie. Das perfide daran? „Es wird dafür de facto wahrscheinlich genauso viel Geld ausgegeben wie im Vorjahr, aber jetzt wird es realistischer budgetiert.“ Ein cleverer Schachzug, um mit alten Hut neue Lorbeeren zu ernten.
Staatsunternehmen im Fokus: Wenn Dividenden zu „Einsparungen“ werden
Auch die Ankündigung, Staatsunternehmen stärker zur Kasse zu bitten, klingt verlockend. Doch Kluge schüttelt den Kopf: Wenn höhere Dividenden von Unternehmen wie der Asfinag mehr Geld ins Budget spülen, ist das keine „Einsparung“. Diese zusätzlichen Dividendenzahlungen der staatlichen Straßengesellschaft zählen dennoch zum Konsolidierungsbeitrag des Infrastrukturministeriums – ebenso wie die Einnahmen aus erhöhten Mauttarifen. Hier werden Einnahmen schlichtweg als Einsparungen umgedeutet, um das Bild eines erfolgreichen Sparkurses zu wahren.
Kostenverschiebung: Das Budget-Schminken der ÖBB
Ein weiterer „Sparbeitrag“, der Kluge Kopfzerbrechen bereitet, ist die Verschiebung mancher ÖBB-Bauprojekte nach hinten. „Das sieht dann zwar im aktuellen Budget besser aus – aber die Kosten für diese Vorhaben fallen ja trotzdem an, nur halt später“, erklärt der Ökonom. Eine reine Kostenverschiebung, die das aktuelle Budget entlastet, die Rechnung aber in die Zukunft verschiebt. Ein Klassiker der Budget-Schönfärberei.
Miet-Trick: Der Bund spart – beim Bund selbst
Besonders „originell“ findet Kluge die „Einsparungen“ der Ministerien bei den Mietkosten. Diese kommen zustande, weil der Bund die bevorstehende Mietzinsanpassung zum 1. Jänner 2026 in den Gebäuden der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) ausgesetzt hat. Rein rechnerisch sparen die Ressorts dadurch 47,1 Millionen Euro im Jahr 2026. Doch Kluge lacht: „Allerdings ist die BIG ja im Besitz des Staates, unterm Strich bringt das also nichts. Aber im Bundesbudget sieht es gut aus.“ Ein Spiel mit der eigenen Kasse, das intern keine Relevanz hat, extern aber als Sparerfolg verkauft wird.
Wo bleiben die echten Reformen?
Jan Kluge kritisiert scharf, dass die „großen Brocken“ bei den Staatsausgaben – wie die Pensions- und Föderalismusreform – gar nicht oder nur minimal in Angriff genommen wurden. Auch bei den Förderungen gäbe es noch „viel mehr drin“. Das Doppelbudget 2025/26 mag auf den ersten Blick eine solide Konsolidierung versprechen, doch bei näherer Betrachtung offenbart es eine Reihe von „Zahlentricks“, die das wahre Ausmaß der Einsparungen verschleiern. Bleibt abzuwarten, wann die Regierung den Mut findet, echte Reformen anzugehen, statt mit optischen Täuschungen zu arbeiten.
Ihre Meinung ist gefragt! Sind diese „Zahlentricks“ akzeptabel, oder erwarten Sie sich mehr Transparenz von der Regierung? Diskutieren Sie mit uns!
Quelle „heute.at“
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