SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler preschte mit einem Stopp der Mieten im regulierten Bereich vor. Nun soll auch der private Markt eingebremst werden – doch das dauert länger als gedacht. Vermieter schlagen Alarm.
SPÖ-Preisschock für Mieten – Was ist passiert?
Wien, 3. Juni 2025 – Die Regierung feiert in der kommenden Woche ihr 100-Tage-Jubiläum, und SPÖ-Vizekanzler Andreas Babler nutzte die Gelegenheit, um Bilanz über eines der Kernprojekte der roten Partei in der Dreier-Koalition zu ziehen: die heiß diskutierte Mietpreisbremse. Mit dieser Initiative hatte die SPÖ bereits im ersten Ministerrat der „Ampel“-Regierung für Aufsehen gesorgt.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Elke Hanel-Torsch, der Vorsitzenden der Wiener Mietervereinigung und SPÖ-Wohnbausprecherin, erklärte der auch als Wohnbauminister amtierende Babler, wie man rasch die „Stopptaste“ gedrückt habe. Ziel: Mietpreiserhöhungen ab dem 1. April für über eine Million Wohnungen zu verhindern. Diese „Bremse“ betrifft vor allem Richtwert- und Kategoriemieten sowie einen Teil der Genossenschaftswohnungen – also den stark regulierten Wohnungsbereich. Die gute Nachricht für Mieter: In diesen Wohnungen darf die Miete heuer nicht an die Inflation angepasst werden. Laut Babler ersparen sich Mieterinnen und Mieter dadurch im Jahr 2025 rund 138 Millionen Euro.
Die Schockzahlen: Mieten explodieren, Mieter bluten
Babler untermauerte die Notwendigkeit der Maßnahmen mit alarmierenden Zahlen: Seit 2010 seien die Mieten in Österreich um erschreckende 70,3 Prozent gestiegen. Allein in den letzten beiden Jahren betrug der Anstieg rund 25 Prozent. Die eigentlich im April fällige Erhöhung hätte weitere 3,16 Prozent ausgemacht. „Wer für seine 45-Quadratmeter-Altbauwohnung 700 Euro pro Monat Miete zahlt, spart sich bis 2027 fast 1.000 Euro durch die Preisbremse“, rechnete Babler vor, um die spürbaren Vorteile für die Bevölkerung zu verdeutlichen.
Die Babler-Roadmap: Was kommt nach dem Stopp?
Schon im März hatte Babler seine weiteren Pläne für die Mietpreis-Agenda skizziert, die er am Montag erneut präsentierte:
- 2026 & 2027: Die Mieten im regulierten Bereich sollen nur noch um maximal ein bzw. zwei Prozent steigen dürfen.
- Ab 2028: Ein neuer Index soll die jährlich mögliche Mietpreisanpassung auf drei Prozent plus die Hälfte einer allfällig darüberliegenden Inflationsrate begrenzen. Ein Rechenbeispiel: Liegt die Inflation bei vier Prozent, dürfte die Miete nur um 3,5 Prozent erhöht werden.
Vom regulierten zum freien Markt: Die große Herausforderung
Doch die SPÖ will mehr: Letztendlich soll der gesamte Mietmarkt, nicht nur der regulierte Bereich, einen Preisstopp erhalten. Das bedeutet, auch private Mieten am freien Markt sollen eingebremst werden. Das stehe klar im Regierungsprogramm, betonte Babler.
Allerdings tritt der Vizekanzler beim Zeitplan nun auf die Bremse. Hatte die SPÖ im März noch die Ausweitung der Mietpreisbremse auf Privatmieten für die „nächsten Monate“ angekündigt, so räumte Babler am Montag ein: „Dass das vor dem Sommer kommt, ist nicht realistisch.“ Es werde jedoch „mit Hochdruck“ daran gearbeitet. Auch Geschäftsraummieten sollen von der neuen Regelung umfasst werden.
Ein weiterer geplanter Schritt ist die Ausweitung der Befristung von Mietverträgen. Derzeit können Wohnungen auf drei Jahre befristet vermietet werden – diese Frist soll auf mindestens fünf Jahre verlängert werden.
Komplexe Gesetzeslage und Koalitionszoff drohen
Die Gründe für die Verzögerung liegen auf der Hand: Ein solch umfassender Eingriff in den freien Markt erfordert komplexe Gesetzesänderungen. Und mit den Koalitionspartnern ÖVP und NEOS dürfte diesbezüglich noch keine komplette Einigung erzielt worden sein. Hier ist politisches Feingefühl gefragt.
Vermieter am Abgrund? Alarmstimmung in der Immobilienbranche
Auf der Vermieterseite herrscht derweil Alarmstimmung. Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) reagierte prompt mit einer Aussendung unter dem Titel „Auch Vermieten muss leistbar bleiben“ und warnt eindringlich vor den Folgen für den Wohnbau.
Kritik kommt auch von der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (Vöpe). Präsident Andreas Köttl prangert an, der Mietpreisstopp führe zu Einbußen von über 100 Millionen Euro im Jahr, „die dann bei der Sanierung der Häuser fehlen“.
Auch Martin Prunbauer, Chef des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerverbands (ÖHGB), ortet „gefährliche Unkenntnis der laufenden Erhaltungs- und Sanierungspflichten, die Eigentümer zu bewerkstelligen haben – gerade in Zeiten massiv steigender Kosten“. Die Sorge: Ein Stopp der Mieten könnte die notwendigen Investitionen in die Gebäudesubstanz und somit die Qualität des Wohnraums gefährden.
Mietpreisbremse kommt – aber nicht über Nacht
Die Mietpreisbremse ist das zentrale wohnpolitische Projekt der SPÖ in der aktuellen Regierung. Während der Stopp der regulierten Mieten bereits greift und Millionen Euro an Ersparnissen für Mieter verspricht, verzögert sich die Ausweitung auf den privaten Markt. Die komplexen gesetzlichen Hürden und der erwartete Widerstand der Vermieterseite sowie potenzielle Koalitionsstreitigkeiten machen klar: Eine umfassende Mietpreisbremse für alle ist auf dem Weg, aber ein schnelles Ergebnis sollte man nicht erwarten. Die österreichische Immobilienlandschaft steht vor tiefgreifenden Veränderungen, deren genaue Auswirkungen sich erst in den kommenden Monaten zeigen werden. Mieter können hoffen, Vermieter bangen.
Izvor „heute.at“