Die heimische Politik sorgt einmal mehr für Diskussionsstoff, denn die Bundesregierung unter Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Freitag ein brisantes Paket zur Reform des Pensionssystems in Begutachtung geschickt.
Während die Klubchefs August Wöginger (ÖVP) und Yannick Shetty (Neos) von der „größten Pensionsreform seit 20 Jahren“ sprechen und die Notwendigkeit von Anpassungen betonen, fehlte beim präsentierenden Termin eine wichtige Stimme: Jene der eigentlich zuständigen SPÖ-Ministerin Korinna Schumann. Dies deutet bereits an, dass der Weg zu einem Konsens in dieser heiklen Materie steinig werden könnte.
Die drohende Erhöhung des Antrittsalters
Aktuell will die Regierung zwar noch nicht direkt am gesetzlichen Pensionsantrittsalter rütteln. Doch hinter den Kulissen braut sich etwas zusammen, das viele Österreicherinnen und Österreicher beunruhigen dürfte. Sollten die nun geplanten Verschärfungen nicht die erhofften Einsparungen bringen, könnte ein sogenannter „Nachhaltigkeitsmechanismus“ greifen. Dieser Mechanismus, festgeschrieben im Regierungsprogramm, würde die nächste Bundesregierung zum Handeln zwingen – und eine Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters wäre eine der wahrscheinlichen Folgen. Konkret heißt es, dass ab 2035 bei Abweichungen vom Budgetpfad die notwendigen Versicherungsjahre für die Korridorpension in Halbjahresschritten steigen sollen. Reicht das nicht, könnten sogar das Anfallsalter, Pensionsanpassungen oder Beitragssätze zur Debatte stehen.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die ÖVP, SPÖ und Neos nicht im Alleingang über solche weitreichenden Entscheidungen bestimmen können. Für einen solchen „Nachhaltigkeitsmechanismus“ bräuchte es nämlich ein Gesetz im Verfassungsrang, das nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament durchgebracht werden kann. Die Zustimmung von Grünen oder FPÖ zu einem solchen Vorhaben ist derzeit alles andere als sicher.
Erste Schritte: Faktisches Antrittsalter im Fokus
Noch bevor der „Nachhaltigkeitsmechanismus“ überhaupt zum Tragen kommt, hat die Bundesregierung bereits erste konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ziel ist es, das faktische Antrittsalter – also das Alter, in dem Menschen tatsächlich in Pension gehen – an das gesetzliche Antrittsalter anzunähern.
Konkret bedeutet das für die sogenannte Korridorpension eine schrittweise Anhebung des Antrittsalters von derzeit 62 auf 63 Jahre. Gleichzeitig sollen auch die notwendigen Versicherungsjahre von 40 auf 42 Jahre steigen, wobei diese Erhöhung ab dem 1. Jänner 2026 in kleinen Schritten von zwei Monaten pro Quartal erfolgen soll. Kurz gesagt: Wer früher in Korridorpension gehen wollte, muss künftig länger arbeiten. Ausnahmen soll es lediglich für Schwerarbeiter geben.
Auch bei der Aliquotierung der Pensionserhöhungen gibt es Änderungen. Künftig sollen alle Neupensionisten generell 50 Prozent der Erhöhung erhalten, unabhängig davon, in welchem Monat des Jahres sie in den Ruhestand treten. Bisher gab es hier unterschiedliche Regelungen.
Das neue Modell der Teilpension
Ein Novum im Reformpaket ist das Modell der Teilpension. Dieses soll es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach 42 Versicherungsjahren ermöglichen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und gleichzeitig bereits einen Teil ihrer Pension zu beziehen. Die Regierung erhofft sich dadurch, dass Menschen länger im Erwerbsleben bleiben. Das Modell soll im Sommer beschlussreif sein.
Ein Rechenbeispiel der Regierung verdeutlicht die Idee: Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 4.000 Euro, der mit 63 Jahren die 50-Prozent-Teilpension in Anspruch nimmt, hätte netto 2.475 Euro monatlich zur Verfügung (Kombination aus Teilzeitgehalt und Teilpension). Bei Vollzeit wären es 2.712 Euro netto. Würde er hingegen direkt in Vollpension gehen, lägen seine Bezüge bei lediglich 1.283 Euro netto. Im Regelpensionsalter von 65 Jahren würde er dann eine volle Pension von netto 2.783 Euro erhalten.
Warum diese Reformen notwendig sind
Die Gründe für die geplanten Einschnitte sind vielfältig. Zum einen steht der Staat unter dem Druck, im Budget zu sparen. Viel gravierender ist jedoch die demografische Entwicklung. Aktuell kommen in Österreich auf 2,5 Millionen Pensionisten immer weniger junge Menschen nach, die diese Pensionen finanzieren sollen. Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Pensionisten bis 2045 auf 3,25 Millionen ansteigen wird. Der Bund muss hier massiv gegensteuern, denn aktuell fließen jährlich rund 30 Milliarden Euro in die Pensionen – Geld, das für andere wichtige Investitionen fehlt.
Kritik hagelt es bereits
Die präsentierten Maßnahmen stießen bereits am Freitag auf heftige Kritik. Der Pensionistenverband warnte vor einer „Existenzgefährdung“ und einem „Angriff auf die solidarische Gesellschaft“. FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach gar von einem „miesen Verrat an den Pensionisten“ und betonte, dass ein langes Arbeitsleben ein Anrecht auf eine auskömmliche Pension geben müsse.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) verteidigte hingegen die Pläne der Regierung und bezeichnete den demografischen Wandel als „Schicksalsfrage für unseren Wohlstand“. Er argumentierte, dass die Maßnahmen ein klares Signal setzen und neue Chancen für das Arbeiten im Alter bieten würden. „Wir müssen das faktische Pensionsantrittsalter erhöhen. Alles andere wäre unehrlich gegenüber den kommenden Generationen und eine Gefahr für unseren Wohlstand. Wenn die jetzt gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen, werden weitere Reformen folgen müssen“, so Hattmannsdorfer abschließend.
Ein Paradigmenwechsel in der Pensionspolitik?
Die von der Regierung präsentierten Pläne deuten auf einen möglichen Paradigmenwechsel in der österreichischen Pensionspolitik hin. Der Fokus liegt klar auf einer Verlängerung der aktiven Erwerbszeit und einer Anpassung des Systems an die demografischen Realitäten. Während die Regierung die Notwendigkeit dieser Schritte betont, warnen Kritiker vor negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität älterer Menschen. Die nun folgende Begutachtungsphase wird zeigen, welche konkreten Änderungen am Ende tatsächlich umgesetzt werden und wie die unterschiedlichen politischen Lager zu diesen Plänen stehen. Eines ist jedoch sicher: Die Diskussion um die Zukunft der Pensionen in Österreich ist in vollem Gange und wird uns noch länger beschäftigen.
Quelle „heute.at“