Nach der EU-Kommission hat am Dienstag auch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) ihre Wachstumsprognosen drastisch nach unten korrigiert. Die Stimmung in der Wirtschaft? Eher frostig. Und auch die Inflation will sich nicht wirklich vom Fleck bewegen. Ein Blick hinter die Kulissen der jüngsten Hiobsbotschaften.

US-Zölle: Der Schock für die Welt

Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann, ein Mann klarer Worte, erklärte am Dienstag im Finanzausschuss des Nationalrats unmissverständlich: Die aggressive Zollpolitik der USA hat „einen enormen Schock in der Weltwirtschaft ausgelöst“ und für ein „hohes Maß an Unsicherheit“ gesorgt. Ein Dorn im Auge für den globalen Handel, der Österreichs Wirtschaft direkt trifft.

BIP-Minus: Prognose verschärft!

Sollten die für Juli geplanten zusätzlichen Zollerhöhungen tatsächlich in Kraft treten, dann wird es zappenduster. Laut Berechnungen der OeNB müssen wir mit einem weiteren Rückgang des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von insgesamt 0,3 Prozent rechnen. Im März hatte die Nationalbank noch ein moderateres Minus von 0,1 Prozent angenommen – eine Korrektur, die Bände spricht.

Holzmanns Abschieds-Warner

Bei seiner letzten Aussprache im Ausschuss ließ der scheidende OeNB-Gouverneur Robert Holzmann keine Zweifel offen: Auch der Internationale Währungsfonds hat seine Prognose für 2025 um 0,5 Prozentpunkte auf magere 2,8 Prozent gesenkt und erwartet für 2026 nur noch drei Prozent an globalem Wachstum. Der Grund? Die Trump-Administration plant, die „absolut höchsten Zölle“ der letzten hundert Jahre einzuführen. Unsicherheit ist da fast schon eine Untertreibung!

Europa im Strudel – EZB zieht mit

Selbstverständlich bleibt auch Europa von diesem globalen Wirtschaftsdrama nicht verschont. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Wachstumsaussichten für 2025 und 2026 um jeweils 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert, wie Holzmann darlegte. Das reale BIP-Wachstum in der Union soll heuer bei 0,9 Prozent liegen, mit 1,2 Prozent im Jahr 2026 bzw. 1,3 Prozent 2027. Und die Inflation? Die EZB erwartet einen Rückgang auf 2,3 Prozent für das Gesamtjahr 2025.

Österreichs Baustellen: Konsum & Industrie

Für die heimische Wirtschaftsentwicklung sind laut Holzmann vor allem zwei Faktoren entscheidend: die ausgeprägte Konsumschwäche und die Industrierezession. Während das BIP heuer – wie schon in den beiden Vorjahren – ein Minus von 0,3 Prozent verkraften muss, soll sich die Inflationsrate bei 2,9 Prozent stabilisieren. Das von der EZB angestrebte Zwei-Prozent-Ziel? Laut Präsentation im Finanzausschuss erst 2027 mit 2,1 Prozent fast erreicht – ein zäher Weg!

Spar-Rekord statt Konsum-Rausch

Ein großer Preistreiber ist dabei laut Holzmann der Dienstleistungssektor. Und trotz steigender Realeinkommen bleibt die Sparquote in Österreich extrem hoch. Solange die wirtschaftlichen Aussichten so undurchsichtig sind, wird sich daran wohl auch wenig ändern. Die Österreicher halten ihr Geld zusammen – verständlich, aber nicht förderlich für den Binnenkonsum.

Industrie: Kostenexplosion Made in Austria

Der heimische Industriesektor leidet massiv unter der Tatsache, dass die Lohnstückkosten in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen sind als bei unseren Handelspartnern. Österreich ist im Vergleich zu den übrigen 19 Ländern im Euroraum um etwa acht Prozent teurer geworden. Eine Wettbewerbsverzerrung, die die heimische Produktion unter Druck setzt.

Bargeld-Versorgung: OeNB rüstet auf!

Ein Lichtblick für den ländlichen Raum: Die Versorgung der Österreicher mit Bargeld war ebenfalls ein Thema im Finanzausschuss. Um Versorgungslücken zu schließen, hat man laut Holzmann eine Vereinbarung mit dem Österreichischen Gemeindebund geschlossen. Die OeNB wird zwischen 60 und 120 Geldausgabeautomaten bereitstellen. Priorisiert werden dabei größere Kommunen und Gemeinden mit besonders langen Wegen zum nächsten Automaten. Holzmann betonte jedoch auch, dass es dem Gesetzgeber freistehe, über andere Lösungen nachzudenken und die Banken stärker in die Pflicht zu nehmen – à la Großbritannien.

Digitaler Euro: Langsam, aber stetig

Das Projekt des digitalen Euro befindet sich laut Holzmann noch in der „Vorbereitungsphase 1“. Die OeNB ist dabei prominent vertreten und Teil einer Allianz aus sechs Zentralbanken, die an der technischen Entwicklung mitwirken soll. Man darf gespannt sein, wann der digitale Euro in Österreich Realität wird.

Banken auf Rekordjagd – OeNB zahlt drauf

Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger berichtete von einer soliden Entwicklung des österreichischen Bankensektors. Der Gewinn belief sich 2024 auf satte 11,5 Milliarden Euro, nachdem bereits 2023 mit 12,6 Milliarden Euro ein Rekordwert erzielt wurde. Positiv beeinflusst wurde das Ergebnis auch durch Zinseinnahmen aus der Veranlagung von Überschussliquidität bei der OeNB.

Nationalbank in den roten Zahlen

Die Kehrseite der Medaille: Die Nationalbank selbst weist rote Zahlen auf. Vize-Gouverneurin Stiftinger nahm schließlich zur Bilanz der OeNB Stellung, die 2024 einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro auswies. Unter Berücksichtigung des Verlustvortrags aus dem Vorjahr ergibt sich somit ein kumuliertes Minus von 4,2 Milliarden Euro. Demgegenüber stünden aber hohe Vermögenswerte wie der Goldbestand von rund 280 Tonnen, der derzeit mit beeindruckenden 26 Milliarden Euro bewertet wird.

Flaute in Sicht, aber nicht chancenlos

Die jüngsten Prognosen der Nationalbank zeichnen ein ernüchterndes Bild der österreichischen Wirtschaft. Die globale Unsicherheit durch die US-Zollpolitik, die heimische Konsumschwäche und die gestiegenen Lohnstückkosten setzen der Wirtschaft zu. Dennoch gibt es Lichtblicke: Die Sicherstellung der Bargeldversorgung und die stabile Entwicklung des Bankensektors zeigen, dass es auch in herausfordernden Zeiten Fortschritte gibt. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen Politik und Wirtschaft ergreifen werden, um die drohende Flaute abzuwenden und Österreich wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Es wird ein steiniger Weg, doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Quelle „heute.at“

Von admin

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