Spittal an der Drau/Klagenfurt. Ein lauter Knall, verzweifelte Rufe, dann Stille: Was sich am 22. Oktober des vergangenen Jahres in der Türk-Kaserne in Spittal an der Drau ereignete, schockierte ganz Österreich. Nun, 225 Tage nach dem Todesschuss, steht der Mordprozess bevor. Im Zentrum: Der getötete Rekrut Mustafa P. (21) und der angeklagte Wachsoldat Lukas P. (21). Die Familie des Opfers meldet sich nun erstmals zu Wort und betont: Es geht nicht um Herkunft.
Der Schuss, der ein Leben beendete
Es war kurz nach Dienstschluss, gegen 15:53 Uhr, als ein Schuss die Wachstube der Türk-Kaserne in Spittal an der Drau erschütterte. Der türkischstämmige Grundwehrdiener Mustafa P. brach getroffen zusammen, stolperte die Treppe hinunter. „Hilfe, Hilfe! Mi hot do hintn wos gstochn“, sollen seine letzten verzweifelten Worte gewesen sein. Die klaffende Austrittswunde an der Brust wurde ihm zum Verhängnis – der junge Soldat verblutete.
Unfall oder Mord? Die strittige Frage
Der mutmaßliche Schütze, Wachsoldat Lukas P., beteuert bis heute, es sei ein tragischer Unfall gewesen. Die Waffe sei ihm heruntergefallen, und beim Versuch, sie aufzufangen, habe sich der Schuss gelöst. Doch ein detailliertes Gutachten widerlegt diese Darstellung. Für Opferanwalt Nikolaus Rast ist die Beweislage klar: Er spricht von einem „Lehrbuchbeispiel für das Verbrechen des Mordes“.
Rätsel um das Motiv
Was sich vor dem Schuss tatsächlich abspielte, ist bis heute ein Rätsel. Die Rekonstruktion der Ereignisse zeigt, dass sich die beiden jungen Männer vor der Tat minutenlang unterhalten haben sollen. Brisant: Auf dem Handy des Angeklagten fanden Ermittler ein Video. Darin bezeichnet Lukas P. einen ausländisch aussehenden Kameraden als „Kanake“. Spielten hier Vorurteile eine Rolle? Das Motiv bleibt unklar, doch der Verdacht des ausländerfeindlichen Hintergrunds steht im Raum.
Showdown vor Gericht
Am Mittwoch beginnt der mit Spannung erwartete Prozess am Klagenfurter Landesgericht. Gerichtssprecher Christian Liebhauser-Karl bestätigte gegenüber „5min.at“, dass der Angeklagte den Vorwurf des Mordes bestreitet und lediglich eine fahrlässige Tötung aufgrund einer unabsichtlichen Schussauslösung zugibt. Ein Geschworenengericht unter dem Vorsitz von Richter Dietmar Wassertheurer wird über Schuld oder Unschuld des jungen Mannes entscheiden müssen. Die Öffentlichkeit wartet gespannt auf die Aufklärung der Geschehnisse.
Der stille Wunsch der Familie
Während die juristischen Mühlen mahlen, meldet sich die Familie des getöteten Mustafa P. zu Wort. Im Gespräch mit der „Krone“ lehnten die Angehörigen jegliche Instrumentalisierung des Gerichtsverfahrens ab. „Es geht nicht um Herkunft, Religion oder politische Botschaften“, betonen sie in einem Statement. „Wir lehnen jede Form der Instrumentalisierung des tragischen Vorfalls ab.“ Die Familie wünscht sich weder Eskalation noch öffentlichen Aufruhr. Ihr einziger Wunsch: „Wir wünschen uns Ruhe, Respekt und dass der juristische Weg in Frieden seinen gerechten Lauf nehmen kann.“ Ein berührender Appell für Gerechtigkeit, fernab von politischen oder gesellschaftlichen Debatten.
Der Tod von Mustafa P. in der Türk-Kaserne ist eine Tragödie, die tiefe Wunden hinterlässt. Während der bevorstehende Mordprozess die Umstände des Schusses klären soll, wünscht sich die Familie des Opfers vor allem eines: Gerechtigkeit und Frieden. Ihr Appell gegen jede Form der Instrumentalisierung ist ein starkes Zeichen in einem Fall, der weit über die Kasernenmauern hinaus Beachtung findet.
Quelle „heute.at“