Eine neue Einkommenslandkarte enthüllt überraschende Grenzen. Viele Österreicher sehen sich selbst als Teil der breiten Mittelschicht, dem viel zitierten Rückgrat unserer Gesellschaft.

Doch wo genau verläuft die unsichtbare Linie zwischen „kommt gerade so aus“ und „lebt gut“? Eine aktuelle Analyse des deutschen Instituts der Wirtschaft (IW) liefert nun interessante Einblicke und zeigt, wie komplex die Einordnung in Zeiten steigender Lebenskosten geworden ist.

Das Rückgrat im Wandel: Was die Mittelschicht wirklich ausmacht

Die Mittelschicht ist mehr als nur eine statistische Größe. Sie prägt unser Land, von der Wirtschaft bis zur Politik. Wenn über Steuern, Wohnen oder Pensionen diskutiert wird, fällt oft ihr Name. Doch die Zugehörigkeit ist keine einfache Frage des Bauchgefühls. Einkommen, Bildung, Job und die Größe der Familie spielen ebenso eine Rolle wie die ständigen Veränderungen durch Inflation, neue Arbeitsmodelle und den gesellschaftlichen Wandel.

Zwischen Existenzminimum und Wohlstand: Eine Gesellschaft in Schichten

Oft wird unsere Gesellschaft in drei große Bereiche unterteilt: Menschen mit geringem Einkommen, die Mittelschicht und die Besserverdiener. Diese Kategorisierung hilft, soziale Ungleichheiten zu verstehen und politische Maßnahmen gezielt zu gestalten. Während die Spitze der Einkommenspyramide eine kleine, aber einflussreiche Gruppe darstellt, bildet die Mittelschicht laut IW mit fast der Hälfte der Bevölkerung das größte Segment. Die untere Einkommensgruppe umfasst jene, deren Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt – oft Teilzeitkräfte, Alleinerziehende oder Menschen mit geringer Qualifikation.

Die Grauzonen der Mitte: Warum klare Definitionen fehlen

Obwohl der Begriff „Mittelschicht“ allgegenwärtig ist, existiert keine allgemeingültige Definition. Wirtschaftsexperten orientieren sich meist am mittleren Einkommen, dem sogenannten Median, wie das IW in seinem aktuellen Kurzbericht erklärt. Um die Mittelschicht genauer zu fassen, nutzt das IW ein zweistufiges Verfahren. Zuerst wird eine „soziokulturelle Mitte“ definiert, basierend auf Bildungsabschlüssen und Berufen. Anschließend wird analysiert, welche Einkommensbereiche in dieser Gruppe am häufigsten vorkommen.

Das Einkommen als Schlüssel: So wird die Mittelschicht berechnet

Wer zur „engen Mittelschicht“ zählt, definiert das IW über das Haushaltseinkommen: Es muss zwischen 80 und 150 Prozent des Durchschnittseinkommens liegen. Zusätzlich wird zwischen einer unteren und einer oberen Mittelschicht unterschieden. Entscheidend ist dabei die Berechnung des Einkommens. Alle Einnahmen eines Haushalts werden addiert, Steuern und Sozialabgaben abgezogen und das verbleibende Nettoeinkommen auf die Haushaltsmitglieder verteilt. Dabei wird berücksichtigt, dass das Zusammenleben Kosten spart und Kinder in der Regel weniger finanzielle Mittel benötigen als Erwachsene. Für das Jahr 2022 ergab sich laut IW folgende Einteilung (Werte in Euro netto pro Monat):

Einkommensgrenzen nach Haushaltstyp (Netto pro Monat)

HaushaltstypRelativ armUntere MitteMitte im engen SinneObere MitteRelativ reich
Singlehaushaltunter 1.390 €1.390 € – 1.850 €1.850 € – 3.470 €3.470 € – 5.780 €über 5.780 €
Alleinerziehend (1 Kind < 14)unter 1.800 €1.800 € – 2.400 €2.400 € – 4.510 €4.510 € – 7.510 €über 7.510 €
Paarhaushalt (keine Kinder)unter 2.080 €2.080 € – 2.770 €2.770 € – 5.200 €5.200 € – 8.670 €über 8.670 €
Paarhaushalt (1 Kind < 14)unter 2.500 €2.500 € – 3.330 €3.330 € – 6.240 €6.240 € – 10.400 €über 10.400 €
Paarhaushalt (2 Kinder < 14)unter 2.910 €2.910 € – 3.880 €3.880 € – 7.280 €7.280 € – 12.140 €über 12.140 €

Wo verorte ich mich? Die subjektive Wahrnehmung und die Realität

Es fällt auf, dass sich in Umfragen oft deutlich mehr Menschen zur Mittelschicht zählen, als es die nüchterne Statistik nahelegt. Umgekehrt werden hohe Einkommen oft erst als „reich“ empfunden, wenn sie das Durchschnittsniveau spürbar übersteigen. Ein Einkommen, das in einer kleineren Stadt ein komfortables Leben ermöglicht, kann in einer teuren Großstadt gerade für die Grundausgaben reichen.

Ausblick 2025: Hoffnung für die unteren Einkommensgruppen

Für das kommende Jahr zeichnen sich besonders im unteren Einkommensbereich positive Entwicklungen ab. Die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns und neue Tarifabschlüsse in wichtigen Branchen wie dem öffentlichen Dienst und dem Nahverkehr könnten die finanzielle Situation vieler Menschen mit geringerem Einkommen spürbar verbessern und möglicherweise den Sprung in die untere Mittelschicht für einige ermöglichen.

Die Zugehörigkeit zur Mittelschicht ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren, bei dem das Einkommen eine zentrale Rolle spielt. Die aktuellen Zahlen des IW liefern eine wichtige Orientierung, zeigen aber auch die Diskrepanz zwischen der statistischen Realität und der subjektiven Wahrnehmung. Die Entwicklungen im kommenden Jahr lassen jedoch hoffen, dass sich die Einkommenssituation für viele Menschen am unteren Rand der Mittelschicht verbessern könnte.

Quelle „echo24.de“

Von admin

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