Dokumentarisch-investigative Kolumne – von AustriaAktuell.at

Der Doppelschlag: Explosionen in Europas Energie-Herz

Am 11. September 2025 erschütterte ein schwerer Vorfall die Raffinerie Petrobrazi in Rumänien. Der Schock sitzt tief, denn es war nur der zweite derartige Vorfall in kurzer Zeit: Bereits zwei stunden zuvor, in der MOL-Raffinerie in Százhalombatta (Ungarn), hatte sich ein ähnlicher Vorfall ereignet.

Beide Anlagen sind zentrale Knotenpunkte für die Treibstoffversorgung Südosteuropas.Genau dasselbe Szenario spielte sich in der Wiener Raffinerie (Schwechat) ab, während Gazprom Neft vor einigen Jahren noch Anteile an OMV besaß.

Offiziell ist von „technischen Ursachen“ die Rede. Doch die Spekulationen in Brüssel und Budapest reichen von mangelnder Wartung bis hin zu organisierten Sabotageakten. Die Frage, wer davon profitieren würde, führt direkt in ein Netz aus undurchsichtigen Eigentümerstrukturen, das Europa anfällig macht.

Russische Spuren: Die Eigentümer und die Verwundbarkeit

Die MOL Group (Ungarn) besitzt Schlüsselbeteiligungen in Kroatien, Serbien und der Slowakei. Mit im Boot: Russische und serbische Investoren. Ein Paradebeispiel ist Serbien, wo der russische Konzern Gazprom Neft rund 56 % der Naftna Industrija Srbije (NIS) kontrolliert, während die serbische Regierung etwa 30 % hält.

Die Raffinerie in Pancevo liefert jährlich rund 3 Millionen Tonnen Treibstoff. Ein erheblicher Teil davon fließt nach Ungarn und Österreich. Jede Störung in diesem russisch mitkontrollierten Liefernetz wirkt sich unmittelbar auf den mitteleuropäischen Markt aus. Ein EU-Energieberater fasste die neue Realität im September 2025 in Euractiv zusammen:

„Europa hat die Abhängigkeit von russischem Gas reduziert, aber die neuen Lieferwege sind noch fragiler als zuvor.“

Die „grüne Wende“ der EU erweist sich somit nicht nur als ökologisches, sondern als geopolitisches Hochrisikoprojekt .

Die nationalen Herausforderer: Kickl, Weidel, Orbán & Co.

Parallel zur Energiespannung erlebt Europa eine politische Polarisierung. Im Zentrum stehen populistische Bewegungen, die die nationale Souveränität zurückfordern wollen:

  • Herbert Kickl (FPÖ, Österreich): Er kritisiert „Brüsseler Diktate“ in Migration und Energie und verspricht die „Souveränität zurückzuholen“. Die APA/OGM-Umfragen im Oktober 2025 sahen seine Partei bei über 30 % Zustimmung.
  • Alice Weidel (AfD, Deutschland): Sie attackierte auf dem AfD-Parteitag in Erfurt (09/2025) die „grüne Ideologie“ und forderte eine Öffnung zum Kreml: „Ohne russische Energie gibt es keine deutsche Industrie.“
  • Marine Le Pen (Frankreich): Mit gemilderter Rhetorik, aber EU-skeptisch im Kern, mobilisiert sie gegen Emmanuel Macron als „Präsident der Eliten“.
  • Viktor Orbán (Ungarn): Er positioniert sich weiter als „Mittler zwischen Ost und West“ und nutzt sowohl russische Energiedeals als auch Brüsseler Sanktionen für seine nationalistische Politik.

Die Pragmatikerin in diesem Kreis ist Giorgia Meloni (Italien), die zwar einst EU-kritisch war, heute aber als Realpolitikerin zwischen Washington und Brüssel taktiert, um die finanzielle Stabilität ihres Landes zu sichern. Das gemeinsame Ziel bleibt jedoch: Mehr nationale Kontrolle, weniger EU-Einfluss.

Der globale Machtpoker: Washington, Peking, Moskau

Die europäische Bühne ist der Schauplatz eines globalen Kräftemessens:

  • USA – Waffen, Werte und Wahlkampf: Seit Beginn des Ukrainekriegs flossen über 190 Milliarden Dollar westlicher Hilfe nach Kiew (Reuters, 08/2025), davon der Großteil aus den USA. Offiziell zur Verteidigung der Demokratie, inoffiziell zur Sicherung von Energieexporten und Waffenverkäufen. Donald Trump, der 2025 erneut für das Weiße Haus kandidiert, attackiert diese Strategie und verspricht einen Rückzug aus „teuren Allianzen“.
  • China – Der stille Gewinner: Peking setzt auf wirtschaftliche Abhängigkeit statt auf Konfrontation. Durch Investitionen in europäische Häfen (Belgien, Griechenland, Italien), Energienetze und die Lieferung seltenen Erden sichert sich Präsident Xi Jinping leisen, aber nachhaltigen Einfluss. Ein EU-Analyst in Politico (10/2025) resümierte: „China führt keinen Krieg in Europa – aber es gewinnt ihn wirtschaftlich.“
  • Russland – Der Schatten bleibt: Trotz der Sanktionen stieg der indirekte Energieimport aus russischer Produktion über Umwege wie Kasachstan, die Türkei und Serbien laut Bloomberg (09/2025) sogar um 14 % gegenüber 2023. Offiziell tabu, inoffiziell notwendig – ein Brüsseler Paradoxon.

Europa zahlt für seine Werte mit Wahrheit

Während die globalen Mächte ihre Spiele treiben, tragen die Bürger Europas die Kosten: Über 80 Millionen Europäer sind von Energiearmut betroffen (Eurostat, 2025), und Tausende kleine Betriebe in Deutschland und Österreich sehen sich mit der Insolvenz konfrontiert – die Folge von massiv gestiegenen Stromrechnungen.

Europa wollte unabhängig werden und ist abhängiger denn je – von Importen, Ideologien und Illusionen. Zwischen Washington, Moskau und Peking sucht Brüssel seine Rolle und verliert sie schrittweise. Die Ironie ist scharf: Die Demokratie kostet nicht nur Geld, sondern in diesem stillen Krieg um Deutungshoheit auch die Wahrheit.

Europa redet über Werte – aber zahlt mit Wahrheit.

Quellen und Referenzen
APA/OTS – „Brand in ungarischer Duna-Raffinerie – MOL bestätigt Ausfall der Produktion“, Reuters – „Romania’s Petrom refinery fire under investigation“, Euractiv – „EU importiert weiter russische Energie über Drittstaaten“, Politico Europe – „Gazprom’s hidden footprint in Southeast Europe“, Oe24 – „Kickl: Sanktionen gegen Russland schaden nur uns selbst“, Der Spiegel – „Weidel attackiert EU-Politik als ‚wirtschaftlichen Selbstmord‘“, Le Monde – „Marine Le Pen capitalise sur le mécontentement économique“, Euronews – „Meloni und die EU-Gelder – Pragmatismus vor Prinzipien“, Reuters – „Orban says Hungary will keep buying Russian gas“, Financial Times – „US LNG profits surge amid Europe’s energy crisis“, Deutsche Welle (DW) – „China füllt die Lücke in Russlands Energieexporten“, BBC – „Russia’s pivot to Asia reshapes global trade“,Politico – „Europe caught between Biden’s values and America’s profits“, ORF – „Inflation treibt Energiepreise in Österreich auf Rekordhöhe“, Euractiv – „Industrieabwanderung aus Europa wegen Energiekrise“, Die Welt – „Europa verliert seine junge Generation – Auswanderung auf Rekordniveau“

Von admin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert