Die neue Chefin der Grünen, Leonore Gewessler, blickt nach fünf Jahren in der Bundesregierung selbstkritisch auf die Parteiarbeit zurück und signalisiert einen Kurswechsel. Sie will das Image der Grünen korrigieren und betont, dass die Partei für alle da sei – „natürlich auch die Autofahrer“.
Neuanfang nach der Ära Kogler
Seit Ende Juni steht Leonore Gewessler an der Spitze der Grünen. Als ehemalige Klimaministerin war sie maßgeblich an der Regierungsarbeit beteiligt. Nun, in der Opposition, will sie die Öko-Partei neu aufstellen und ihr ein bürgernäheres Gesicht geben.
Lehren aus der Regierungszeit: „Manchmal im Tunnel“
Im Gespräch mit den „Salzburger Nachrichten“ reflektiert Gewessler die vergangenen Jahre. „Wir waren manchmal im Tunnel des Regierungsalltags und haben vergessen, gut genug hinzuhören“, räumt sie ein. Trotz des Erfolges beim „Boost“ der Energiewende gesteht sie ein Versäumnis ein: „Wir haben nicht gut genug dafür gesorgt, dass die günstigen Preise der Erneuerbaren tatsächlich auf der Stromrechnung ankommen.“
Imagekorrektur: Auch Autofahrer im Fokus
Ihr Vorgänger, Werner Kogler, hatte bereits Kommunikationsfehler eingeräumt. Gewessler geht nun einen Schritt weiter und betont, dass die Menschen wieder spüren sollen, „dass wir Grüne für sie da sind“. Sie schildert ein prägendes Erlebnis: Ein älteres Ehepaar äußerte, dass ihre Kinder zwar Grün wählten, sie selbst aber nicht könnten, da sie ein Auto besäßen. „Und wenn die Menschen dieses Bild der Grünen haben, dann haben auch wir etwas falsch gemacht“, so Gewessler. Ihre klare Botschaft: „Für uns sind alle wichtig, natürlich auch die Autofahrer.“
Oppositionsrolle: Kritik am Budget und Suche nach Brücken
Die Rolle der Grünen in der Opposition definiert die Ex-Ministerin klar: „Wir sind eine Opposition, die sich nicht wegduckt – sondern dort laut wird, wo es um Gerechtigkeit geht.“ Besonders scharf kritisiert sie das aktuelle Budget: „Es wird leider auf dem Rücken des Sozialstaates und des Klimaschutzes konsolidiert. Dieses Budget kürzt Zukunft weg.“ Sie bemängelt, dass beim Bahnausbau gekürzt werde, während Milliarden für Autobahnen kein Problem seien, und dass Familien- und Sozialleistungen eingefroren, aber keine gescheite Besteuerung von Digitalkonzernen durchgesetzt werde.
Auf die Frage nach einer Annäherung an andere Parteien reagiert Gewessler mit einem Seitenhieb auf die ÖVP: „Dass die ÖVP lieber mit Rechtsextremen verhandelt als mit Klimaschützern, spricht für sich.“ Dennoch bleibt sie konstruktiv: „Mein Ziel ist es, möglichst viele Menschen an unserer Seite zu wissen.“ Sie verweist auf Projekte wie das Klimaticket, die nur durch parteiübergreifende Zusammenarbeit entstanden seien, und kündigt an: „Das werden wir auch in der Opposition machen. Alles andere ergibt sich nach den nächsten Wahlen.“
Leonore Gewessler signalisiert mit ihren ehrlichen Worten einen Neuanfang für die Grünen. Sie erkennt die Notwendigkeit, aus Fehlern zu lernen und die Partei breiter aufzustellen, um wieder Vertrauen in der Bevölkerung aufzubauen. Ihr Ziel ist es, die Grünen als eine bürgernahe und lösungsorientierte Kraft zu positionieren, die sich auch in der Opposition aktiv für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz einsetzt.
Quellen „heute.at“
Grüne Wende: Mehr als nur Klimaschutz.