Die Geduldsprobe im österreichischen Gesundheitssystem erreicht neue Dimensionen. Explodierende Wartezeiten bei Kassenärzten treiben immer mehr Bürger in die Arme privater Krankenversicherungen – ein Trend, der Österreichs Gesundheitshaushalt im Jahr 2024 bereits 3,2 Milliarden Euro gekostet hat.

Wien wartet, Kärnten privatisiert

Wer in Wien eine ärztliche Leistung benötigt, muss sich in Geduld üben: 33 Tage Wartezeit beim Internisten, 57 Tage beim Radiologen und ganze 44 Tage für einen Augenarzttermin sind die bittere Realität für Kassenpatienten in der Bundeshauptstadt. Diese alarmierenden Zahlen gehen aus einer aktuellen Untersuchung der Wiener Ärztekammer hervor.

„System wird kaputtgespart“ – Ärztekammer alarmiert

Johannes Steinhart, Präsident der Wiener Ärztekammer, nimmt kein Blatt vor den Mund: Das Kassensystem werde „seit vielen Jahren kaputtgespart“, und die Leidtragenden seien „die Patientinnen und Patienten, die immer längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen“. Eine deutliche Warnung an die Verantwortlichen, die dem Gesundheitssystem den Geldhahn zudrehen.

Run auf die Zusatzversicherung: Fast 40 Prozent privat abgesichert

Die Konsequenz dieser Entwicklung ist ein beispielloser Ansturm auf private Krankenversicherungen. Laut Zahlen der Finanzmarktaufsicht (FMA) und des Vergleichsportals krankenversichern.at haben sich bereits gut 3,57 Millionen Österreicher zusätzlich privat abgesichert – eine halbe Million mehr als noch 2014 und damit ein absoluter Höchststand. Das bedeutet, dass rund 39 Prozent der österreichischen Bevölkerung inzwischen auf private Vorsorge setzen, um schnelleren Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten.

Regionaler Überblick: Wien führt, Kärnten Spitzenreiter

In absoluten Zahlen liegt Wien mit zuletzt 900.000 privat Versicherten an der Spitze. Prozentual gesehen hat jedoch Kärnten die Nase vorn, wo 51 Prozent der Bevölkerung privat versichert sind. Schlusslicht bildet Niederösterreich mit 28 Prozent.

Milliardenmarkt Wahlarztversicherung: 3,2 Milliarden Euro Prämien

Die Kosten für diese zusätzliche Absicherung steigen rasant: Im vergangenen Jahr beliefen sich die gezahlten Prämien im Segment Krankenversicherung laut FMA-Zahlen auf rund 3,2 Milliarden Euro. Das ist ein sattes Plus von 35,4 Prozent gegenüber 2019, während das gesamte Versicherungsgeschäft „nur“ um 22,9 Prozent wuchs. Haupttreiber dieses Wachstums sind die Wahlarztversicherungen, die Patienten kürzere Wartezeiten, flexiblere Lösungen und „individuelle Behandlungsmöglichkeiten abseits des klassischen Kassensystems“ bieten.

Lange Wartezeiten – der Hauptgrund für den Wechsel

Sebastian Arthofer, Co-Vorstand von krankenversichern.at, bestätigt den Trend: „Wir beobachten seit mehreren Jahren einen enormen Zulauf zu Wahlarztversicherungen.“ Er erwartet ein weiterhin starkes Interesse, denn: „Lange Wartezeiten bei Kassenärzten sind einer der wichtigsten Gründe, warum Versicherte verstärkt private Alternativen suchen.“

Gesundheit in der Warteschleife

Die steigende Zahl privat krankenversicherter Österreicher ist ein klares Signal: Das öffentliche Gesundheitssystem stößt an seine Grenzen. Ohne eine grundlegende Kurskorrektur drohen weitere Engpässe und eine Zweiklassenmedizin, bei der der schnelle Zugang zur medizinischen Versorgung immer mehr zu einer Frage des Geldbeutels wird.

Izvor „heute.at“

Österreichs Gesundheit – mehr Schein als Sein?

Von admin

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