Gemeinde-Offensive für höhere Grundsteuer
Österreich steht erneut vor einer hitzigen Debatte ums Geld. Zahlreiche Gemeinden drängen massiv auf eine Erhöhung der Grundsteuer.
Sie argumentieren, dass diese Abgabe seit sage und schreibe 1983 – also seit Jahrzehnten – nicht mehr an die aktuellen Verhältnisse angepasst wurde. Die zusätzlichen Einnahmen, die auf bis zu 400 Millionen Euro pro Jahr geschätzt werden, sollen dringend benötigte kommunale Aufgaben wie den Winterdienst finanzieren.
Widerstand aus dem Bund und den Ländern
Der Vorstoß findet jedoch keinen Gefallen bei der Bundesregierung. Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) erteilte den Plänen zuletzt eine klare Absage. Sie sieht Österreich vorrangig mit einem Ausgaben- und nicht mit einem Einnahmenproblem konfrontiert und hält den jetzigen Zeitpunkt für schlichtweg „falsch“ für neue Belastungen. Auch die einflussreichen Landeshauptleute Thomas Stelzer (OÖ) und Karoline Edtstadler (Salzburg) positionierten sich öffentlich gegen eine Anpassung.
Ludwig fordert 750 Prozent Hebesatz
Konkret fordern die Befürworter, zu denen unter anderem Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zählt, eine Anhebung des sogenannten Hebesatzes von 500 auf 750 Prozent. Dies würde den Städten und Gemeinden rund 396 Millionen Euro jährlich zusätzlich in die Kassen spülen.
WIFO-Expertin: Bemessungsgrundlage wichtiger
Die Ökonomin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) beleuchtete die Thematik am Montag im Ö1-Morgenjournal. Sie betonte, dass abseits der Hebesätze ein zweiter Punkt strukturell wesentlich wichtiger sei: die Anpassung der Bemessungsgrundlage. Hierbei müssten die völlig veralteten Einheitswerte (ebenfalls Stand 1983) an die tatsächlichen Marktwerte von Immobilien herangeführt werden. Das sei zwar aufwendig, da jede Immobilie einzeln bewertet werden müsse, aber essenziell.
Steigende Mieten? Schratzenstaller relativiert
Die zentrale Sorge vieler ist die Weitergabe einer erhöhten Grundsteuer an die Mieter. Schratzenstaller räumte ein, dass man die sozialen Aspekte im Auge behalten müsse, relativierte jedoch die befürchteten Auswirkungen. Zum einen seien die Grundsteuerzahlungen aktuell sehr niedrig. Selbst bei einer Anpassung von Bemessungsgrundlage und/oder Hebesätzen sei die Mehrbelastung „überschaubar“.
Vermögende stärker im Visier
Die WIFO-Expertin führte weiter aus, dass höherwertige Immobilien derzeit oft stark unterbewertet seien. Eine Anpassung würde demnach Vermögende stärker treffen als weniger vermögende Bürger. Schratzenstaller sieht zudem die Möglichkeit, die Abgabenquote im Rahmen einer Konsolidierungsphase für ein paar Jahre zu erhöhen, allerdings müsse diese Belastung nach erfolgreicher Konsolidierung an anderer Stelle wieder gesenkt werden.
Der Ruf der Gemeinden nach mehr finanzieller Selbstständigkeit durch eine höhere Grundsteuer prallt auf den strikten Sparkurs von Bund und Ländern. Während die Befürworter fast 400 Millionen Euro wittern, dämpfen Experten die Sorgen vor einem Mietenschock: Die Mehrbelastung sei überschaubar und würde tendenziell stärker vermögende Immobilieneigentümer betreffen. Dennoch bleibt der Grundsteuer-Zoff ein hochexplosives politisches Thema, das Österreich in den kommenden Monaten beschäftigen wird.
Quelle“heute.at“
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