Am 10. November 2025 gab Staatssekretär Alexander Pröll (2.v.l.) gemeinsam mit Vizekanzler Andreas Babler (2.v.r.), Bundesminister Christoph Wiederkehr (l.) und IRG-Präsident Oskar Deutsch (r.) eine Pressekonferenz zum Thema Nationale Strategie gegen Antisemitismus, im Bundeskanzleramt./ Christopher Dunker

Bundesregierung präsentiert Strategie gegen Antisemitismus 2.0 (2025–2030)

Die österreichische Bundesregierung hat eine umfassende und verschärfte Nationale Strategie gegen Antisemitismus 2.0 (NAS 2.0) für den Zeitraum 2025 bis 2030 vorgestellt. Die Strategie umfasst 49 konkrete Maßnahmen in acht Handlungsfeldern und ist die Reaktion auf eine „neue Welle des Antisemitismus: offener, aggressiver, digital entfesselt,“ die seit den Terroranschlägen der Hamas am 7. Oktober 2023 in Europa und Österreich zu verzeichnen ist.

Die Präsentation erfolgte im Bundeskanzleramt durch Staatssekretär für Koordinierung und Kampf gegen Antisemitismus Alexander Pröll, Vizekanzler Andreas Babler, Bildungsminister Christoph Wiederkehr sowie den Präsidenten der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreichs (IRG), Oskar Deutsch.

Pröll: Schutz jüdischen Lebens ist Schutz der Gesellschaft

Staatssekretär Alexander Pröll betonte, dass die politischen Maßnahmen zwar wichtig seien, aber allein nicht ausreichen würden, da es um eine grundlegende gesellschaftliche Frage gehe. „Nur eine Gesellschaft, die jüdisches Leben schützt und achtet, bewahrt auch sich selbst,“ erklärte Pröll. Er forderte eine Gesellschaft, die sich ihrer Geschichte stellt, Verantwortung ableitet und versteht, dass Freiheit und Sicherheit unteilbar sind. Die NAS 2.0 sei das gemeinsame Versprechen, dieses Ziel zu erreichen.

Babler: Präventionsarbeit als zentrales Element

Vizekanzler Andreas Babler hob die Bedeutung der Präventionsarbeit hervor. Die Strategie sei im Bewusstsein der historischen Verantwortung Österreichs und an die aktuellen Gegebenheiten angepasst worden. Der Ursprung aller Formen von Antisemitismus sei Hass, dem man entgegenwirken müsse. Babler unterstrich: „Antisemitismus gedeiht dort, wo Unwissenheit und Hetze Raum gewinnen.“ Mit der Strategie nehme die Regierung ihre Verantwortung wahr, um sicherzustellen, dass jüdisches Leben in Österreich sicher ist und florieren kann.

Wiederkehr: Stärkere Förderung von Gedenkstättenbesuchen

Bundesminister Christoph Wiederkehr fokussierte auf die Rolle des Bildungsbereichs. Im Rahmen der neuen Strategie wurden sechs neue Maßnahmen im Bildungssektor definiert. Ihm sei es besonders wichtig, die Gedenkstättenbesuche von Schulen verstärkt zu fördern. Er betonte, dass die Holocaust-Education, das Lernen über historische Verantwortung und die Vermittlung der vielfältigen jüdischen Geschichte und Gegenwart einen entscheidenden Beitrag zur Prävention leisteten. Das Ziel sei es, Schulen als Orte der Demokratie, Offenheit und Solidarität zu stärken.

Deutsch: Antisemitismus als Gift für die Demokratie

IRG-Präsident Oskar Deutsch warnte eindringlich davor, dass der Kampf gegen den Antisemitismus verloren gehen könnte, und verwies auf die erschreckende Statistik von durchschnittlich mindestens vier antisemitischen Vorfällen pro Tag im ersten Halbjahr 2025. Antisemitismus sei eine Bedrohung für die Demokratie und „Gift für die gesamte Gesellschaft in Österreich,“ da er die Werte gefährde, die das moderne Österreich ausmachten. Er bezeichnete die Nationale Strategie als wichtigen Pfeiler im notwendigen dauerhaften Engagement gegen Judenhass.

Acht Handlungsfelder und drei Leuchtturm-Maßnahmen

Die NAS 2.0 ist eine ressortübergreifende Weiterentwicklung der 2021 vorgestellten Erststrategie und bekräftigt das parteiübergreifende Versprechen, dass Antisemitismus in Österreich keinen Platz hat. Sie baut auf der engen Partnerschaft mit den Israelitischen Kultusgemeinden auf.

Die acht Handlungsfelder sind:

  • Sicherheit & Strafverfolgung: Schutz jüdischer Einrichtungen und konsequente Ahndung antisemitischer Straftaten.
  • Bildung & Resilienz: Verpflichtende Präventionsmodule in Schulen und in der Lehramtsausbildung.
  • Digitales & Medien: Kampf gegen Hass im Netz durch Förderung technischer Lösungen und Medienkompetenz.
  • Integration & Dialog: Wertevermittlung in Integrationskursen und Einbindung religiöser sowie zivilgesellschaftlicher Partner.
  • Erinnerung & Kultur: Ausbau von Gedenkinitiativen und Start eines Prüfprozesses für ein „Österreichisches Holocaust-Museum.“
  • Forschung & Dokumentation: Neue Datenerfassung und wissenschaftliche Analysen.
  • EU & Internationales: Aktive Rolle Österreichs in der EU, IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) und internationalen Gremien.
  • Gesellschaft & Sport: Maßnahmen gegen Diskriminierung in Vereinen und Organisationen.

Drei „Leuchtturm-Maßnahmen“ sollen besondere Akzente setzen:

  1. Die „Erklärung gegen Antisemitismus“ in Integrationskursen, bei der sich jeder Teilnehmende aktiv zu den Grundwerten der Republik bekennt.
  2. Die Förderung KI-gestützter automatisierter Systeme zur Erkennung antisemitischer Hassrede im Internet.
  3. Der Prüfprozess für ein „Österreichisches Holocaust-Museum,“ das als zentraler Ort der Erinnerung, Forschung und Bildung dienen soll.

Die Nationale Strategie gegen Antisemitismus 2.0 ist eine notwendige und umfassende Verstärkung der Bemühungen Österreichs, dem aktuell erstarkten Judenhass entgegenzutreten. Durch die Bündelung von 49 konkreten Maßnahmen über Ressortgrenzen hinweg und die Definition klarer Schwerpunktsetzungen, insbesondere in den Bereichen Bildung, Sicherheit und Digitales, setzt die Bundesregierung ein starkes Signal für den Schutz jüdischen Lebens und die Wahrung der demokratischen Werte.

Quelle „Bundeskanzleramt“

„Erinnerung ist keine Rückschau, sondern Orientierung für die Zukunft.“

Von admin

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