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Seit über 80 Jahren sind Antibiotika die Lebensretter der modernen Medizin. Doch die Wirksamkeit dieser Medikamente schwindet. Forscher warnen vor einer dramatischen Zunahme tödlicher Infektionen durch multiresistente Erreger. Besonders der demografische Wandel wird die Situation in den kommenden Jahren weiter verschärfen.

Lebensgefährlicher Trend: Resistenz ist schneller als Forschung

Experten sprechen von Antibiotika-Resistenz, wenn krankmachende Bakterien nicht mehr auf ein Antibiotikum reagieren und somit nicht vernichtet werden können. Am meisten gefürchtet sind sogenannte Krankenhauskeime, die Harnwegs-, Magen-Darm- oder Blutbahninfektionen auslösen. Ein Beispiel dafür ist der multiresistente Erreger Staphylococcus aureus .

Weltweite Bilanz: Millionen Tote durch Superkeime

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte im Oktober einen Bericht, der Daten aus über 100 Ländern zusammenfasst. Demnach starben weltweit im Jahr 2021 insgesamt 7,7 Millionen Menschen an einer bakteriellen Infektion. Gut 1,1 Millionen Todesfälle waren direkt auf Antibiotika-Resistenzen zurückzuführen.

Yvan Hutin, Direktor der zuständigen WHO-Abteilung, warnte: „Antibiotika-Resistenz ist weit verbreitet und bedroht die Zukunft der modernen Medizin.“ Das Problem ist besonders in Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen virulent. Bei über 40 Prozent der Escherichia-coli– und 55 Prozent der Klebsiella-pneumoniae-Bakterien sind Standardantibiotika bereits unwirksam, was zu lebensbedrohlicher Sepsis führen kann.

Schockierende Zahlen: Deutschland im Visier

Für Deutschland schätzten Forschende des Robert Koch-Instituts und der University of Washington für das Jahr 2019, dass etwa 45.700 Todesfälle im Zusammenhang mit antibiotikaresistenten Erregern standen. 9.600 dieser Todesfälle waren schätzungsweise unmittelbar auf die Resistenz zurückzuführen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz geht von einer wesentlich höheren Dunkelziffer aus

Demografie als Brandbeschleuniger

Eine aktuelle Studie der London School of Hygiene & Tropical Medicine, veröffentlicht im Fachblatt „Plos Medicine“, blickt in die Zukunft und kombiniert Infektionstrends mit der alternden Bevölkerung. Untersucht wurden 12 Millionen Blutproben aus 29 Ländern (2010–2019).

Die Prognose: Die Infektionsraten mit acht gängigen resistenten Keimen werden drastisch zunehmen, insbesondere in der Gruppe der über 74-Jährigen. Männer werden voraussichtlich stärker betroffen sein als Frauen.

Gwenan Knight, eine Studienautorin, betont: „Alter und Geschlecht werden bei Prognosen zur Antibiotika-Resistenz noch selten berücksichtigt, obwohl sie einen großen Einfluss darauf haben, wer am stärksten betroffen ist.“

Fehlerhafter Einsatz und globale Gefahr

Tim Eckmanns, Experte für Antibiotika-Resistenzen am Robert Koch-Institut, wies darauf hin, dass Resistenzen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen teils wesentlich höher lägen. Gründe dafür seien mangelnde Hygiene, zu wenig Diagnostik und zu früh abgebrochene Antibiotikatherapien. Andreas Peschel vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung ergänzt, dass der oft unkontrollierte und falsche Einsatz der generisch billig herstellbaren, jahrzehntealten Antibiotika zur Selektion resistenter Erreger beiträgt.

Operationssaal in Gefahr

Experten warnen davor, dass lebenswichtige moderne Eingriffe wie Organtransplantationen und große Operationen immer gefährlicher werden, da der prophylaktische Schutz durch Antibiotika schwindet.

Experte Eckmanns befürchtet: „Es besteht die Gefahr, dass die Anzahl der Toten durch antibiotikaresistente Erreger auf fast zehn Millionen pro Jahr weltweit bis zum Jahr 2050 ansteigt.“ Annemarie Käsbohrer vom Bundesinstitut für Risikobewertung mahnt, dass die globale Vernetzung auch direkte Auswirkungen auf die Situation in Europa haben wird.

Dringender Appell

Die Weltgemeinschaft hält eine Reduzierung der Todesfälle um zehn Prozent bis 2030 für unrealistisch. Experten sehen bereits eine Stabilisierung auf dem aktuellen Niveau als Erfolg. Die Bundesregierung setzt auf Prävention, Monitoring, Forschung und internationale Kooperation.

Patientenschützer wie Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, fordern jedoch entschlossenere Maßnahmen: „Patientenschützer plädieren dafür, nach dem Vorbild der Niederlande noch einen Schritt weiterzugehen und Patienten vor der Aufnahme in Krankenhäuser konsequent auf multiresistente Erreger zu testen. Eine Kehrtwende ist notwendig.“

Izvor „ntv.de“

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Von admin

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